Steuererklärung Steuererklärung: Viele profitieren vom niedrigeren Eingangssteuersatz
Berlin/dpa. - Wenn sich das Jahr dem Ende zuneigt, kreisen die Gedanken nicht allein um die weihnachtlichen Wunschzettel der lieben Familie, sondern auch um das, was sich der Finanzminister von den Bürgern wünscht - die Steuererklärung steht an.
Hatte sich der Fiskus für 2004 noch etliche Neuerungen von der Entfernungspauschale bis zu den Werbungskosten einfallen lassen, so kommen 2005 zumindest in der Menge deutlich weniger neue Steuerregeln auf die Bürger zu. «Für den Normalverbraucher kommen nicht so viele Änderungen wie früher», sagt Wolfgang Wawro, Steuerberater in Berlin und Präsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg.
Diese Einschätzung teilen auch andere Experten. «Es ist nicht so viel wie sonst. Und ich hoffe auch, dass das so bleibt», meint Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Lohnsteuerhilfevereine (BdL) in Berlin.
Die auffälligste Neuerung ist die weitere Absenkung der Einkommensteuer, mit der die rot-grüne Regierung die 1999 begonnene Steuerentlastung vollendet. «Der neue Einkommensteuertarif, der ab Januar gilt, bringt vor allem Spitzenverdienern mehr Geld», stellen die Experten der Zeitschrift «Finanztest» (Heft 11/2004) fest. «Doch zumindest profitiert jeder vom niedrigeren Eingangssteuersatz.»
Nach Berechnungen von «Finanztest» würde ein Ehepaar mit einem zu versteuernden Einkommen von 35 000 Euro im kommenden Jahr 78 Euro weniger Steuern zahlen als 2004. Für ein Ehepaar mit einem Einkommen von 65 000 Euro läge die Steuerersparnis bei 376 Euro, für eines mit einem Einkommen von 125 000 Euro bei 1888 Euro.
Doch ob den Bürgern tatsächlich mehr Geld im Portemonnaie bleibt, ist fraglich. «Man sollte nicht in Euphorie verfallen, wenn man die Tabellen sieht», sagt Stefan Walter, Sprecher des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Denn der Ersparnis müssten gestiegene Ausgaben für Pflegegeld, Krankengeld oder beim Zahnersatz gegengerechnet werden. Walters Fazit: «In vielen Fällen ist das unter dem Strich eine Mehrbelastung.»
Neu ist auch das Alterseinkünftegesetz, demzufolge von 2005 bis 2040 der steuerpflichtige Teil der gesetzlichen Rente schrittweise von jetzt 50 auf 100 Prozent steigen wird. Vor allem künftige Rentner nimmt das Gesetz in die steuerliche Pflicht. Doch: «Im Gegenzug können sie noch als Arbeitnehmer ab 2005 höhere Versicherungsbeiträge absetzen. Sie erhalten bei der Gehaltsabrechnung höhere Pauschalen und haben im nächsten Jahr mehr Lohn auf dem Konto», rechnen die Fachleute von «Finanztest» vor.
Wer eine Rentenlücke mit Renten- und Lebensversicherungen oder einer Geldanlage schließen wolle, der sollte vorher unbedingt die Steueränderungen beachten. Beispiel Kapitallebensversicherung: Bei Verträgen, die ab 2005 geschlossen werden, sind die Zinsen und Überschüsse - anders als bei Verträgen vor 2005 - bis auf wenige Ausnahmen im später ausgezahlten Kapital voll steuerpflichtig.
Eine Neuerung, die laut Steuerberater Wawro «in der Breitenwirkung noch nicht erkannt wird», ist die Steueramnestie. Über die «Brücke zur Steuerehrlichkeit», wie Finanzminister Hans Eichel sie nennt, können noch bis Ende März 2005 all diejenigen gehen, die in den Jahren 1993 bis 2002 Steuern hinterzogen haben. «Bis zum 31.12. liegt der Steuersatz für nachträglich erklärte Einkünfte bei 25, ab 1.1. bis 31.3. bei 35 Prozent», verdeutlicht BdSt-Sprecher Stefan Walter die Dringlichkeit schnellen Handelns.
Die sieht Wolfgang Wawro auch bei denen geboten, die etwas zu vererben haben. Zwar sei nicht absehbar, ob die derzeit diskutierte Reform der Erbschaftssteuer, welche die leere Staatskasse füllen soll, schon zum Anfang 2005 in Kraft trete. Aber: «Die tickende Bombe kann jederzeit gezündet werden», meint Wawro. Sein Rat: «Verschenken Sie Ihr Haus - jetzt.»
Offen ist auch, ob die vom Bundestag mit der rot-grünen Mehrheit beschlossene Abschaffung der Eigenheimzulage ab 2005 Realität wird. Denn dazu müssten die unionsregierten Länder, die sich bislang strikt gegen den Regierungsplan ausgesprochen haben, im Bundesrat dem Gesetz zustimmen. Wer ein Eigenheim kaufen wolle oder einen Hausbau plane, solle noch bis 31. Dezember aktiv werden, rät Erich Nöll vom BdL: «Denn viele unliebsame Überraschung kommen immer sehr spät.»