Steigende Preise Steigende Preise: Milch-Container für China

Halle/MZ - Obst und Gemüse sind in den vergangenen Monaten schon deutlich teurer geworden. Auch beim Blick in das Kühlregal werden die Verbraucher in den nächsten Tagen deutliche Preisanhebungen für Milch, Butter und Quark feststellen. Aldi vollzog bereits am Donnerstag die Preiserhöhungen, die in der Spitze 21 Prozent bei Butter ausmachen. Der Discounter verweist auf steigende Rohstoffpreise, die an den Kunden weiter gegeben werden.
Aldi geht voran
Trinkmilch der untersten Preislage wird nach Einschätzung von Discountexperte Matthias Queck damit so teuer werden wie seit Jahren nicht mehr. Aldi hob nach eigenen Angaben den Preis für die güns-tigste Frischmilch um fünf Cent je Liter auf 59 Cent (1,5 Prozent Fett) beziehungsweise 65 Cent (3,5 Prozent Fett) je Liter an. Das entspricht einem Preisanstieg in der untersten Preislage um gut neun beziehungsweise gut acht Prozent. Fachleute erwarten, dass die anderen Handelsketten nun nachziehen.
Was sind die Gründe für die Anhebungen, und ist das Ende der Preis-Fahnenstange bereits erreicht? Zwischen den Supermarkt-Ketten und den Molkereien werden zumeist halbjährliche Lieferverträge geschlossen. In der letzten Runde konnten die Molkereien offenbar dank steigender Weltmarktnachfrage höhere Preise durchsetzen. Die Verhandlungen laufen immer nach einem ähnlichen Muster ab: Die Handelskonzerne wollen möglichst wenig zahlen. Liegt ihr Angebot jedoch unter dem Weltmarktpreis drohen die Molkereien Aldi & Co. die Milch anderweitig zu verkaufen. In diesem Fall müssen die Handelsriesen höhere Notierungen akzeptieren.
Aktuell treibe beispielsweise die hohe Nachfrage aus China die Preise, sagt Björn Börgermann, Sprecher des Milchindustrie-Verbandes. Gefragt seien nicht nur die klassischen Exportgüter wie Milchpulver, Butter und Käse. Einzelne Molkereien würden auch containerweise H-Milch liefern, berichtet Börgermann. Hintergrund sei, dass Lebensmittel-Skandale mit verunreinigter Milch viele chinesische Kunden verunsichert haben. „Diese kaufen derzeit Milch mit dem Label Made in Germany“, erklärt Börgermann. Der Export lohne sich auch deswegen, weil die Frachtraten auf Containerschiffen von Europa nach Asien sehr niedrig seien.
Die deutschen Landwirte profitieren von dieser Entwicklung. Aktuell erhalten sie für den Liter Milch etwa 34 bis 35 Cent von den Molkereien. „Wir hoffen, dass von den Preisanhebungen drei Cent je Liter bei uns ankommen“, sagt Peter Schuchmann, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Milchviehalter (BDM) in Sachsen-Anhalt. Eine Anhebung sei auch dringend erforderlich, um die steigenden Produktionskosten zu decken. Nach Angaben von Schuchmann benötigt ein Milchviehbetrieb allerdings etwa 47 Cent je Liter um auskömmlich zu wirtschaften. Davon sei man noch meilenweit entfernt. Die zunehmenden Exporte der deutschen Molkereien sind für Schuchmann kein Anlass zur Euphorie. „Milch über Tausende von Kilometern zu verschiffen, ist ökologischer und ökonomischer Unsinn“, sagt der Landwirt. Langfristig werde auch China seinen wachsenden Bedarf über eine eigene Produktion decken.
Viehhalter wollen Marktregulierung
Dies sieht Agrarexperte Manfred Schöpe vom Münchner Ifo-Institut ähnlich. Durch die schrittweise Abschaffung von Preis- und Mengen-Regulierungen in der EU würden die Preise für Agrarprodukte nun stark von der Entwicklung am Weltmarkt abhängen. Die Nachfrage nach Agrargütern werde in den nächsten Jahren zwar zunehmen, gleichzeitig steige wahrscheinlich aber auch das Angebot. Bezogen auf dem Milchmarkt gibt Schöpe für die deutschen Verbraucher Entwarnung: „Die Preise werden sicher nicht explodieren.“
Der Verband der Milchviehhalter sieht die Abhängigkeit von Weltmarktpreisen eher kritisch. Er fordern eine europäische Regulierung der Milch-Mengen, die sich an den Produktionskosten der Bauern orientiert. Schuchmann: „Die Milchwirtschaft findet immer noch auf dem Rücken der Bauern statt. Vielen fehlt bald die Kraft, dies zu schultern.“