Verbraucher Sparer zwischen hoher Inflation und steigenden Zinsen
Nach Jahren der Flaute steigen die Zinsen fürs Ersparte auf dem Tages- oder Festgeldkonto wieder. Ganz ungetrübt ist die Freude allerdings nicht.
Frankfurt/Main - Die nach wie vor vergleichsweise hohe Inflation belastet Verbraucher seit Monaten. Die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten. Sparer können sich hingegen über steigende Zinsen etwa fürs Tagesgeld freuen. Wie passt das zusammen?
Warum steigen die Zinsen wieder?
Nach Jahren der Nullzinspolitik hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die Inflation im Euroraum seit Juli 2022 die Leitzinsen inzwischen neunmal in Folge erhöht. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Für Kreditnehmer wird es also teurer, Sparerinnen und Sparer können sich dagegen über steigende Zinsen freuen.
Wie schnell kommen die gestiegenen Zinsen beim Sparer an?
Banken und Sparkassen lassen sich der Bundesbank zufolge teilweise mehr Zeit als in der Vergangenheit. Zwar seien die Zinsen auch früher nach Leitzinserhöhungen vergleichsweise langsam gestiegen. „Seit September 2022 ist die Zinsweitergabe jedoch noch träger als in der Vergangenheit“, hieß es in der Juni-Ausgabe des Bundesbank-Monatsberichts.
Worin unterscheiden sich Giro-, Tages- und Festgeldkonto?
Das Girokonto ist das Konto für den täglichen Zahlungsverkehr. Dort gehen das Gehalt, die Rente oder das Bafög ein. Die Miete und andere Ausgaben des persönlichen Bedarfs gehen davon ab. „Ohne das Girokonto geht praktisch nichts“, sagt Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen. Aber zum Sparen ist es eben nicht geeignet. Zu groß sei die Versuchung, die jederzeit verfügbaren Rücklagen für ungeplante Käufe anzutasten. Obendrein gibt es auf das Guthaben keine attraktiven Zinsen.
Um Geld zurückzulegen, sind daher das Tages- oder Festgeldkonto die bessere Wahl. Mit beiden kann man nicht am normalen Zahlungsverkehr teilnehmen. Sie korrespondieren ausschließlich mit dem eigenen Girokonto.
Auf einem Festgeldkonto legt man Erspartes grundsätzlich für einen bestimmten Zeitraum - etwa ein, zwei oder drei Jahre - an und kann in dieser Zeit nicht über das Geld verfügen. Am Ende der Laufzeit fließt das angelegte Geld verzinst zurück.
Im Gegensatz dazu ist auf einem Tagesgeldkonto angelegtes Geld jederzeit verfügbar. Per Überweisung lässt sich das Ersparte vom Tagesgeldkonto zurück aufs Girokonto holen, um von dort zum Beispiel die unvorhergesehene Rechnung zu begleichen. Diese Flexibilität büßt man im Vergleich zum Festgeld mit einer geringeren Verzinsung ein.
Wie lege ich Tagesgeld an?
„Dafür muss man zunächst ein Tagesgeldkonto eröffnen“, sagt Oelmann. Die Verbraucherschützerin rät, vorab die Konditionen verschiedener Banken zu vergleichen, um einen möglichst guten Zinsertrag zu erhalten. Sie empfiehlt dafür den kostenpflichtigen, regelmäßig aktualisierten Tages- oder Festgeldvergleich der Stiftung Warentest.
Einmal angelegt, muss das Referenzkonto - also das Girokonto - mit einer Überweisung verifiziert werden. Dann kann man das Geld, das man gerne zurücklegen möchte, vom Giro- aufs Tagesgeldkonto verschieben. Ab dann gibt es Zinsen.
Oelmanns Tipp: Wer sich für eine in Deutschland ansässige Bank entscheidet, profitiert im Insolvenzfall nicht nur von der gesetzlichen Einlagensicherung, die Guthaben bis 100.000 Euro schützt, sondern darüber hinaus auch von den freiwilligen Sicherungsleistungen der Banken.
Wie häufig werden beim Tagesgeldkonto Zinsen ausgezahlt?
„Hier gibt es gefühlt alle Varianten“, sagt Oelmann. Von der monatlichen über die quartalsweise, halbjährliche und jährliche Auszahlung - je nach Bank. Je häufiger die Auszahlung stattfindet, desto besser für den Sparer - denn umso größer ist der Zinseszinseffekt.
Wie haben sich die Zinsen für Tagesgeld und Festgeld entwickelt?
Der Durchschnittszins bundesweit verfügbarer Tagesgeldangebote liegt nach Daten des Vergleichsportals Verivox derzeit bei 1,39 Prozent (Stichtag: 4. August) - ein Jahr zuvor waren es 0,05 Prozent. Weniger gibt es bei Sparkassen mit im Schnitt 0,41 Prozent und bei örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken mit 0,39 Prozent Zinsen.
Wer sein Geld fest angelegt, bekommt für Festgeld mit zwei Jahren Laufzeit bei bundesweit aktiven Banken Verivox zufolge im Schnitt 3,15 Prozent Zinsen. Bei Sparkassen (2,25 Prozent) und örtlichen Genossenschaftsbanken (2,34 Prozent) fallen die Durchschnittszinsen auch hier niedriger aus. „Bei den bundesweit verfügbaren Angeboten profitieren Sparer vom schärferen Wettbewerb unter den Markteilnehmern“, erläutert Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier.
Gibt es Institute, die weiter keine Tagesgeldzinsen zahlen?
Auch gut ein Jahr nach dem Ende der EZB-Nullzinspolitik profitieren längst nicht alle Sparer. Verivox zufolge bietet von rund 750 ausgewerteten Geldhäusern ein Sechstel auf dem Tagesgeldkonto nach wie vor keine Zinsen. „Insbesondere die regionalen Kreditinstitute lassen sich reichlich Zeit damit, die gestiegenen Zinsen an ihre Sparer weiterzugeben“, erläutert Maier. Das gilt der Auswertung zufolge für 73 örtliche Volks- und Raiffeisenbanken einschließlich PSD- und Sparda-Banken sowie für 44 Sparkassen.
Welche Folgen hat die Inflation fürs Ersparte?
Auch für Sparer ist die Inflation bitter. Denn die Zinsen liegen unterhalb der Teuerungsrate von zuletzt 6,2 Prozent im Juli. Ersparnisse auf Tages- und Festgeldkonten verlieren trotz gestiegener Zinsen daher an Wert. Der Realzins - der Zins für Spareinlagen nach Abzug der Teuerungsrate - liegt bei bundesweit verfügbaren Tagesgeldangeboten im Schnitt bei minus 4,81 Prozent. Bei Festgeld mit zwei Jahren Laufzeit sind es minus 3,05 Prozent. „Wer vor der Anlageentscheidung Angebote vergleicht, kann Kaufkraftverluste zwar nicht gänzlich vermeiden, aber doch spürbar begrenzen“, sagt Maier.