Sekthaus im Internet Sekthaus im Internet: Rotkäppchen sucht Netz-Freunde

Halle (Saale) - Da staunten die 300 Kinobesucher im Dresdner Kristallpalast nicht schlecht: Sie sahen einen Rotkäppchen-Werbespot, in dem bei einem Stromausfall sich die Hausbewohner im Treppenhaus treffen und mit Sekt und Kerzen zusammen feiern.
Sekthaus Rotkäppchen geht digitale Wege bei der Werbung
Mitten im Reklamefilm wurde die Leinwand plötzlich schwarz. Auch Stromausfall? „Freunde, keine Panik. Schaut bitte unter eure Sitze, da liegt ein Notfallpäckchen“, sagte dann ein Mann.
Hervorgeholt wurde eine kleine Rotkäppchen-Flasche samt Licht. Ein Musiker fing auf der Bühne an, Gitarre zu spielen, die Zuschauer lachten und schwenkten die Lampen, sie waren selbst Teil einer Werbeaktion von Deutschlands größter Sektkellerei geworden.
Das Unternehmen stellte den Kurzfilm Anfang November auf die Videoplattform Youtube. Am Dienstagabend zeigte Rotkäppchen-Chef Christof Queisser den Ausschnitt in den Franckeschen Stiftungen in Halle.
Bei den „Halleschen Wirtschaftsgesprächen“, organisiert vom Institut Ifu an der Uni Halle, sprach er zum Thema „Transformation eines Traditionshauses in eine digitale Zukunft.“ Bei einem seiner raren öffentlichen Auftritte gewährte Queisser Einblicke in die Digitalstrategie des Getränke-Herstellers.
Sekt und Internet - was hat das miteinander zu tun? Queisser führte ein, dass das Produkt, der Sekt, natürlich immer analog bleibt. Anders als bei Musik oder Zeitungen gebe es bei Getränken keine Transformation.
Rotkäppchen: Sektmarke mit digitaler Zukunft
„Wir müssen jedoch unsere Marke in die digitale Zukunft bringen“, sagte der Firmenchef und spannte einen größeren Bogen: Die Sektmarke Rotkäppchen mit der prägnanten roten Kappe, gibt es bereits seit 1894.
Die lange Tradition hat die Sekt-Marke jedoch nicht davor bewahrt, dass nach der Deutschen Einheit der Marktanteil kurzzeitig unter ein Prozent fiel.
„Durch Risikobereitschaft und moderne Unternehmensführung gelang es, in den vergangenen 25 Jahren den Marktanteil auf 40 Prozent zu erhöhen“, so Queisser. „Die bekannte Marke wurde wieder stark gemacht.“
Rotkäppchen-Chef Christof Queisser: Probleme des digitalen Zeitalters
Der Rotkäppchen-Chef erwartet im digitalen Zeitalter auch für die Lebensmittelwirtschaft wieder Umbrüche: „Amazon, Google und Facebook bestimmen immer mehr den Marktzugang.“ Zur Illustration führte er ein Amazon-Werbevideo vor, bei dem US-Kunden im Supermarkt an keiner Kasse mehr zahlen, sondern die Einkäufe über eine Handy-App abgebucht werden.
Laut Queisser teilen sich derzeit noch Handelskonzerne wie Edeka oder Rewe und Produkt-Hersteller die Wertschöpfung je zur Hälfte. Kurz: Die Einnahmen aus dem Verkauf werden geteilt. „Damit können beide gut leben.“ Doch bleibt das so, wenn Amazon das Geschäft dominiert? Was ist, wenn die Spracherkennung von Amazon-Alexa Rotkäppchen nur als Märchen-Figur akzeptiert?
Nach Auffassung von Queisser kann der Sekt-Hersteller seinen Zugang zum Markt nur selbst sichern, indem die Verbraucher eine enge Verbindung zur Marke besitzen.
Dazu reiche es künftig nicht mehr nur aus, TV-Spots zu senden oder Plakate aufzuhängen. „Im Dresdner Kino haben wir nur 300 Menschen angesprochen“, so Queisser. „Natürlich haben wir die Hoffnung, dass die Besucher ihr Erlebnis auf sozialen Netzwerken mit Freunden teilen.“
So nutzte Rotkäppchen-Mumm einen Stromausfall in Mainz für sich
Als Mitte November in der Großstadt Mainz tatsächlich der Strom ausfiel, reagierte das Online-Marketing-Team von Rotkäppchen-Mumm sofort. Facebook-Nutzer sollten an Rötkäppchen schreiben und es wurden Flaschen verlost. „Es gibt natürlich zahlreiche Aktionen von verschiedenen Unternehmen über Facebook“, räumte Queisser ein. „Die Kunst sei es, mit seinem Inhalt Aufmerksamkeit zu erzeugen.“ Die Qualität müsse stimmen.
Das gelingt dem Haus recht gut. Die Facebook-Seite von Rotkäppchen-Sekt haben aktuell mehr als 324.860 Personen/Freunde abonniert. Verglichen mit einigen jungen Social-Media-Stars, die Millionen von Anhängern baben, ist das jedoch wenig.
Alkoholwerbung im Internet: Jugendschutz an erster Stelle
Daher hat Rotkäppchen-Mumm auch angefangen, mit diesen zusammenzuarbeiten. Queisser macht dabei deutlich, dass das Unternehmen dabei vorsichtig vorgehe, da als Hersteller alkoholischer Getränke besonders auf den Jugendschutz geachtet werden müsse.
An den gesamten Marketing-Aufwendungen fallen Online-Aktivitäten bisher nur mit zehn Prozent ins Gewicht. TV- und Printwerbung sowie Verkostungen dominieren. Noch. „Wir schauen uns genau an, wie unsere Kunden medial agieren“, sagt Queisser.
Internetplattformen würden dabei immer wichtiger. Einen richtigen Plan gebe es dabei nicht. Bei der Fülle der Netzangebote agiere auch Rotkäppchen-Mumm nach Worten des Firmenchefs nach dem Motto: „Versuch und Irrtum. (mz)