Sechs Milliarden Euro im dritten Quartal Sechs Milliarden Euro im dritten Quartal: Deutsche Bank verzeichnet Rekordverlust

Berlin - Die Deutsche Bank schreibt wieder Rekorde – Minus-Rekorde. Im dritten Quartal erlitt sie den höchsten Verlust ihrer Geschichte, sechs Milliarden Euro in nur drei Monaten. „Mir ist klar, dass einige von Ihnen darüber sehr enttäuscht sein werden“, schrieb der neue Konzernchef John Cryan am Mittwochabend an die Belegschaft. An der Börse hielten sich Deutsche-Bank-Aktien dennoch gut. Die Anleger setzen darauf, dass Cryan einen Neustart für Deutschlands größtes Bankhaus schafft. Dafür müssen aber viele verzichten – Aktionäre wie auch die Mitarbeiter.
Der 54-jährige Vorstandschef, der seit 1. Juli am Ruder ist, nannte drei Gründe für das Riesen-Minus im dritten Quartal. Größter Brocken sind Wertberichtigungen in einigen Bereichen der Bank. So sind unter anderem der 1999 erworbene Bankers Trust und die 2010 gekaufte Postbank wesentlich weniger wert, als bislang in den Büchern stand. Abschreibungen im Investmentbanking und Privatkundengeschäft drückten das Ergebnis im dritten Quartal um 5,8 Milliarden Euro.
Rechtsstreitigkeiten der letzten Jahre haben den Ruf beschädigt
Eine Ursache für diese Abschreibungen sind neue regulatorische Anforderungen: Da die Banken viele Geschäfte mit größeren Kapitalpuffern absichern müssen, werden diese Geschäfte weniger rentabel, was wiederum ihren Wert senkt.
Zweitens bewertet die Deutsche Bank ihren knapp 20-prozentigen Anteil an der chinesischen Hua Xia Bank neu, diese Wertberichtigung kostet sie weitere 600 Millionen Euro. Die Beteiligung stuft die Deutsche Bank nicht länger als „strategisch“ ein, was einen Verkauf dieses Anteils wahrscheinlich macht.
Drittens schließlich muss die Deutsche Bank weitere Mittel für eventuelle Rechtsstreitigkeiten reservieren. Im dritten Quartal wuchsen diese Rückstellungen um 1,2 Milliarden Euro. Seit Jahren muss die Deutsche Bank hohe Summen für Verfahren und Vergleiche aufwenden, die ihren Ruf schwer beschädigt haben. Hier ging es in der Vergangenheit um Vorwürfe, Mitarbeiter der Deutschen Bank hätten Zinsen, Devisen- und Rohstoffpreise manipuliert, in den USA gingen Aktionäre und Behörden wegen dubioser Hypothekengeschäfte gegen die Deutsche Bank vor. Nach bisherigen Planungen kosten Rechtsstreitigkeiten das Geldhaus allein dieses Jahr vier Milliarden Euro – und es könnten noch mehr werden. „Ich rechne damit, dass Kosten aus Rechtsstreitigkeiten uns auch in zukünftigen Quartalen weiter belasten werden“, warnte Cryan.
Lesen Sie im Folgenden, welche drastischen Maßnahmen der Vorstand geplant hat.
Dividende für dieses Jahr könnte gestrichen werden
Rückstellungen und Wertberichtigungen schlugen somit im dritten Quartal mit insgesamt 7,6 Milliarden Euro zu Buche. Für die ersten neun Monate erwartet die Bank nun einen Verlust von 4,8 Milliarden Euro.
Um gegenzusteuern, greift der Vorstand nun zu drastischen Maßnahmen: Die Dividende für das Jahr 2015 soll reduziert werden oder gar gestrichen – es wäre das erste Mal seit den 50er Jahren, dass Deutsche-Bank-Aktionäre leer ausgehen. Auch die Mitarbeiter werden sich auf sinkende Boni einstellen müssen.
An der Börse führte das Rekord-Minus nicht zu einem Ausverkauf von Deutsche-Bank-Aktien. Die Wertberichtigungen waren erwartet worden, so ist seit langem klar, dass zum Beispiel die Postbank in den Büchern überbewertet ist und der geplante Verkauf einen Verlust bringen wird. „Die angekündigten Belastungen sind aus unserer Sicht als ‚Aufräumarbeiten‘ des neuen Vorstandsvorsitzenden zu sehen“, hieß es von der WGZ-Bank.
Die Abschreibungen führten zwar zu einem hohen Verlust, belasteten aber nicht die Kernkapitalquote der Bank. Das bedeutet, dass eine gefürchtete Kapitalerhöhung wahrscheinlich nicht nötig sein wird. Analysten der US-Bank J.P. Morgan wiesen zudem darauf hin, dass die Deutsche Bank ohne die Sonderbelastungen im dritten Quartal einen Vorsteuergewinn von 1,6 Milliarden Euro gemacht habe.
Lesen Sie im Folgenden, was sich hinter der „Strategie 2020“ verbirgt und wie Vorstandschef Cryan diese umsetzen will.
„Strategie 2020“
Am 29. Oktober will Deutsche-Bank-Chef Cryan nun Details zur Geschäftsentwicklung vorlegen und zeigen, wie er die „Strategie 2020“ umsetzen will. Mit ihr soll die Bank wieder profitabler werden. Ihr Gewinn liege „nicht annähernd da, wo wir sein sollten“, hatte Cryan bereits im Juli gerügt. Die Kosten seien „einfach inakzeptabel“.
Bereits im April hatte die Deutsche Bank beschlossen, die Postbank zu verkaufen und etwa ein Drittel der 700 eigenen Filialen zu schließen. Insgesamt wird über einen Abbau von 8000 bis 10.000 Stellen spekuliert – über die 15.000 Jobs bei der Postbank hinaus. Auch das Investmentbanking soll ausgedünnt werden, aus bis zu zehn Ländern will sich die Deutsche Bank zurückziehen. Laut Planung sollen die Kosten bis zum Jahr 2020 um 15 Prozent sinken. „Am ersten Tag in meiner neuen Funktion habe ich Ihnen auch deutlich gemacht, dass es in den nächsten Monaten kein einfacher Weg werden würden“, teilte Cryan am Mittwoch der Belegschaft mit.
