Schutz für EU-Anleger: Mehr Transparenz gewünscht
Düsseldorf/Dreieich/dpa. - Kostenkontrolle und detaillierte Fragebögen - darauf können sich europäische Anleger von November an einstellen. Mit der EU-Richtlinie MIFID will Brüssel Anlegern helfen, sich besser im Investmentdschungel zurecht zu finden.
Doch statt mehr Transparenz und Schutz befürchten Experten, dass Auskunftspflichten für Banken und Anleger noch mehr Bürokratie nach sich ziehen. «Ob der Anleger bei dieser Informationsflut noch die für ihn relevanten Daten herausfiltern kann, ist fraglich», kritisiert Adam Piechnik, Rechtsanwalt in der Kanzlei Kreuzkamp & Partner in Düsseldorf. Einige Experten sprechen sogar von einer Entmündigung des Anlegers, der in Zukunft umfangreich über seine Vorkenntnisse Auskunft erteilen muss, bevor ihm ein Finanzprodukt verkauft wird.
Ziele der Richtlinie MIFID - «Markets in Financial Instruments Directive» - sind mehr Schutz für den Anleger und ein stärkerer Wettbewerb. Vor allem soll sie Anlegern mehr Transparenz bringen. In Deutschland sollen die Regelungen zum 1. November in Kraft treten.
Mit Hilfe der MIFID sollen professionelle Investoren, aber auch Kleinanleger über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus leichter investieren können, denn die Wettbewerbsbedingungen sollen angeglichen werden. So sollen bei der Auswahl von Anlagen künftig Einkommen, Beruf und Bildung der Kunden berücksichtigt werden. Den Finanzhäusern kommen umfassende Informations- und Warnpflichten zu.
Außerdem werden Anbieter verpflichtet, Interessenkonflikte, Gebühren und Provisionen offen zu legen. Berater müssen sich künftig einen umfassenden Eindruck von der Situation des Kunden verschaffen - Haftungsansprüche bei Falschberatung sollen so leichter nachweisbar werden. «Bei den Erkundigungspflichten muss der Privatanleger viel über sich preisgeben, um überhaupt Anlageberatung in Anspruch nehmen zu können», sagt Piechnik. Die MIFID habe das Ziel, dem Kunden eine eigenständige Entscheidung auf informierter Grundlage zu ermöglichen. «Tatsächlich scheint es aber so, als würde die Richtlinie dafür sorgen, dass der Kunde nahezu vor sich selbst geschützt wird.»
Kritisiert wird auch die Ungleichbehandlung der verschiedenen Anlageformen: So sind geschlossene Fonds von der Richtlinie ausgenommen. Besonders im Visier hat Brüssel dagegen die als undurchsichtig geltenden Hedge-Fonds und Zertifikate. «Die Herausnahme von geschlossenen Fonds ist sicher nicht im Interesse des Anlegerschutzes», sagt Finanzexperte Peter König vom Berufsverband der Investment Professionals DVFA in Dreieich bei Offenbach.
Auch mit MIFID gilt weiterhin: Wenn der Anleger sich falsch beraten fühlt, muss er das beweisen. Das ist nach Einschätzung von Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart, ein Makel im Konzept. Einen Protokollzwang bei der Wertpapierberatung wird es durch MIFID nicht geben.
Dennoch bringt die MIFID auch Vorteile: Die Berater sind verpflichtet, nachweisbar die Order des Kunden am günstigsten Handelsplatz abzuwickeln. «Dass die Kostentransparenz durch die MIFID erhöht wird, ist richtig und für den Anleger vorteilhaft», sagt Anwalt Piechnik. «Und die Wertpapierfirmen werden zur kundengünstigsten Auftragsausführung verpflichtet.» Auch die Offenlegung von Provisionen stößt bei König auf Zustimmung.