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Schlecker-Klage Schlecker-Klage: Krumme Geschäfte mit den eigenen Kindern

Von Frank-Thomas Wenzel 14.04.2016, 12:58
Anton Schlecker soll seine Drogeriemarktkette bewusst in den Ruin getrieben haben
Anton Schlecker soll seine Drogeriemarktkette bewusst in den Ruin getrieben haben dpa

Berlin - Der gescheiterte Drogeriekönig Anton Schlecker hat nicht nur schlecht gewirtschaftet. Er, seine Frau und seine Kinder waren offenbar auch Intensiv-Straftäter. Wir erläutern, wie die Familie Geld aus dem angeschlagenen Unternehmen gezogen und beiseite geschafft hat.

 

Wieso kommt jetzt noch einmal der Fall Schlecker hoch?

Anton Schlecker erklärte für seine Drogeriemarktkette im Januar 2012 die Zahlungsunfähigkeit. Das Unternehmen mit damals 25.000 Beschäftigten wurde in den folgenden Monaten abgewickelt. Es war so schwach auf den Beinen, dass keine Sanierung mehr möglich war. Im Juli 2012 führte die Stuttgarter Staatsanwalt eine Razzia in Schleckers Villa im schwäbischen Ehingen durch. Schon bald meldeten die Fahnder einen Anfangsverdacht. Mehr als dreieinhalb Jahre später präsentieren sie eine Anklageschrift die rund 250 Seiten stark sein soll. Es hat viel Mühe gekostet zu rekonstruieren, wie zwischen Mitgliedern der Familie und mehreren Unternehmen, die ihnen gehören, Geld hin- und her transferiert wurde.  

 

Wie lautet der Vorwurf der Staatsanwälte?

Medienberichten zufolge werden der Familie insgesamt 45 Straftaten zur Last gelegt. Der Hauptvorwurf gegen den 71-jährigen Anton Schlecker lautet vorsätzlicher Bankrott. Das bedeutet: Er soll das Unternehmen mit Vorsatz in die Zahlungsunfähigkeit gewirtschaftet haben, um sich selbst und seine Familie zu bereichern. Dadurch wurden die Gläubiger des Unternehmens übers Ohr gehauen. Zudem soll Schlecker eine eidesstaatliche Falschaussage abgegeben haben. Den Kindern Meike und Lars Schlecker werfen die Ermittler Untreue, Insolvenzverschleppung und Beihilfe zum Bankrott vor. Das könnte auf mehrjährige Haftstrafen für die Beteiligten hinauslaufen.

Wie stand es seinerzeit um die finanziellen Verhältnisse von Schlecker?

Entscheidend ist die rechtliche Konstruktion der Drogeriekette. Eigner Anton Schlecker firmierte als eingetragener Kaufmann (e.K.). Solch ein Unternehmen hat kaum Publizitätspflichten – so konnte Schlecker über viele Jahre Geheimniskrämerei betreiben. Allerdings bedeutet e.K. auch, dass Schlecker mit seinem gesamten Privatvermögen haftete. Bemerkenswert ist, dass der  Drogeriemarktbetreiber immer als Milliardär galt. Im Januar 2012 soll plötzlich aber  „nichts mehr da“ gewesen sein, wie es Meike Schlecker seinerzeit formulierte.

 

Wie wurde das Geld zur Seite geschafft?

Unter anderem gab es großzügige Geldgeschenke an Enkel. Doch im Zentrum der Betrügereien stand die Firma LDG, die für die Drogeriemärkte Logistikdienstleistungen wie Lagerhaltung übernahm. Die LDG gehörte Lars und Meike Schlecker. Anton Schlecker soll der LDG für ihre Services weit überhöhte Preise gezahlt haben. Das Unternehmen erwirtschaftete bis 2010 riesige Renditen, die in der Branche eigentlich nicht möglich sind. De facto hat der Vater also der Firma seiner Kinder über mehrere Jahre  Millionenbeträge zugeschanzt. Im Januar 2012, als die Drogeriemärkte pleitegingen, beschlossen Lars und Meike dann, sich Gewinne der LDG auszahlen zu lassen. Bald darauf wurden jeweils mehr als zwei Millionen Euro auf die Konten der Schlecker-Kinder überwiesen. Hier kommt der Verdacht der Untreue zum Tragen, denn damals war die LDG schon längst heftig überschuldet, sie ging im Sommer 2012 dann auch in die Insolvenz. Kurz vorher wurden noch 50.000 Euro an  Mutter Christa Schlecker überwiesen, was ebenfalls illegal war.

Kredit und stille Beteiligungen

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Gab es weitere krumme Geschäfte zwischen dem Vater und seinen Kindern?

Die gab es. Die beiden LDG-Eigner gewährten der Drogeriemarktkette einen äußerst fragwürdigen Kredit über knapp 51 Millionen Euro, der einerseits das Logistikunternehmen in Schieflage brachte. Schlecker wies andererseits die 51 Millionen in der Bilanz für das Jahr 2010 als Eigenkapital aus. Das galt auch für stille Beteiligungen von Lars und Meike an der Drogeriekette in Höhe von 270 Millionen Euro. In beiden Fällen handelt es sich aber um Fremdkapital. Mit diesem Trick manipulierte Anton Schlecker die Finanzkraft seines Unternehmens auf illegale Weise nach oben. Das ist ein Verstoß gegen die Regeln für Publizitätspflichten von Unternehmen. Gleichwohl sollen zwei Wirtschaftsprüfer der Bilanz ihr Okay gegeben haben – was ebenfalls eine Straftat wäre.

 

Sind die krummen Geschäfte dem Insolvenzverwalter nicht aufgefallen?

Doch sind sie. Der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz bemerkte die Schiebereien und setzte schon im Frühjahr 2012 durch, dass die Familie zehn Millionen Euro an das Unternehmen zurücküberwies, das zu diesem Zeitpunkt längst unter der Kontrolle von Geiwitz stand. Das ist einerseits eine Art Geständnis und Wiedergutmachung, hat die Schleckers aber nicht vor der Strafverfolgung geschützt. Zudem zeigen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, dass damals der gesamte Umfang der Betrügereien noch nicht erkennbar war.

 

Was bedeutet das für die aktuellen Vorwürfe?

Hieraus ergibt sich der Vorwurf einer weiteren Straftat: Anton Schlecker leistete im Frühjahr 2012 eine eidesstattliche Aussage über die Geldschiebereien, bei der er offenbar einiges verschwieg. Deshalb dürfte es sich im eine strafbare Falschaussage handeln.