Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Arbeitslosenzahl soll weiter sinken

Halle (Saale) - Die Zahl der Arbeitslosen wird auch im neuen Jahr zurückgehen. Davon ist der Chef der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, Kay Senius, überzeugt. „Die Bäume wachsen zwar nicht in den Himmel, aber wir werden uns kontinuierlich entwickeln“, sagte er der MZ. So geht Senius davon aus, dass die Arbeitslosenquote „in der Mehrzahl der Monate unter zehn Prozent“ liegen werde. Ob es auch für ein einstelliges Ergebnis im Jahresschnitt reicht, sei aber noch unklar. Sachsen-Anhalt hatte im Oktober erstmals seit 1991 mit 9,8 Prozent diese vor allem psychologisch bedeutsame Marke geknackt.
Senius stützt seinen Optimismus auf regionale Untersuchungen und Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Demnach wird eine Mischung aus demografischen Effekten und Stellenaufbau zu weiterer Entlastung führen. So verringere sich die Zahl der Arbeitslosen allein durch Alterung, also weil mehr Menschen in Rente gehen als Jüngere nachrücken, um 1,4 Prozent.
Dieser Effekt fällt in Sachsen-Anhalt größer aus als in anderen Bundesländern. Auf der anderen Seite erwarten die Forscher einen Zuwachs der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 0,6 Prozent. Vor allem in der Industrie, dem Bau sowie in Verkehr und Lagerwirtschaft soll es demnach zusätzliche Stellen geben. Wie im laufenden Jahr bleibt Sachsen-Anhalt damit beim Beschäftigungszuwachs aber hinter anderen Ländern zurück. Im Durchschnitt der neuen Länder rechnen die Experten mit 1,8 Prozent mehr Beschäftigten.
Welche Ursachen diese ungleiche Entwicklung in den einzelnen Bundesländern hat und welche Folgen der ab Januar geltenden Mindestlohn haben wird, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Diese ungleiche Entwicklung ist laut Senius Folge unterschiedlicher Wirtschaftsstrukturen. Während Sachsen beispielsweise eine starke Industrie habe, dominiere in Sachsen-Anhalt der Dienstleistungssektor. Dieser sei zwar stabil, er bringe aber auch weniger Wachstum. Umgekehrt sei eine solche Wirtschaft wegen geringerer Exportabhängigkeit jedoch auch weniger anfällig gegenüber globalen Konjunkturschwankungen und Verwerfungen. Dennoch sieht Senius Reserven in der Qualität der Arbeit. Die Fortschritte beim Abbau so genannter „atypischer Beschäftigung“ wie zum Beispiel unfreiwilliger Teilzeit oder befristeter Tätigkeit müssten weiter verfolgt werden. Auch die Übernahme von Lehrlingen nach der Ausbildung - trotz einer Quote von mittlerweile 59 Prozent - gehöre hierzu. „Es ist noch Luft nach oben“, sagt Senius.
Nach den letzten verfügbaren Daten vom Juli gingen im Land 772 300 Frauen und Männer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Das waren 3 095 mehr als ein Jahr zuvor. Seit Jahresbeginn verzeichnet das Land einen positiven Beschäftigungstrend.
Auf dem regulären Arbeitsmarkt verloren im September 6 213 Männer und Frauen ihren Job und meldeten sich arbeitslos, 545 weniger als vor einem Jahr. Im Gegenzug fanden zwar 7 039 Sachsen-Anhalter in neue Beschäftigung. Das sind aber 808 weniger als vor einem Jahr.
Während bei den unter 25-Jährigen die Arbeitslosigkeit auch wegen des Beginns der Ausbildung erwartungsgemäß gesunken ist, verharrt sie bei den über 50-Jährigen auf hohem Niveau, bei den über 55-Jährigen liegt sie sogar über Vorjahr.
45 746 Frauen und Männer waren im September bereits ein Jahr oder länger ununterbrochen arbeitslos. Das sind 1 223 weniger als vor einem Jahr. Weil aber die allgemeine Arbeitslosigkeit schneller sinkt, steigt der Anteil der Langzeitarbeitslosen weiter an. Mittlerweile fallen 38,9 Prozent aller Erwerbslosen in diese Kategorie.
Diese zeichnet ein realistisches Bild des Arbeitsmarktes, weil sich darin neben Arbeitslosen auch Teilnehmer in Maßnahmen, Weiterbildungen, Vorruhestand und Erkranke finden. Im September waren 166 126 Sachsen-Anhalter ohne reguläre Beschäftigung.
Dem ab Januar geltenden Mindestlohn sieht Senius weit gelassener entgegen als beispielsweise die Wirtschaftskammern im Land. Er denke nicht, dass er zu starkem Stellenabbau führen wird. „Wir erwarten durch die höheren Einkommen eher eine Belebung der stark auf den Binnenmarkt orientierten Wirtschaft.“ Mehr Sorgen macht dem Arbeitsmarktexperten die Langzeitarbeitslosigkeit: „Im November ist der Anteil derer, die bereits ein Jahr oder länger ohne Beschäftigung sind, auf fast 40 Prozent aller Erwerbslosen gestiegen.“ Seit längerem gehe der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit nicht mit dem der Arbeitslosigkeit insgesamt einher. „Je älter und länger jemand arbeitslos ist, umso geringer sind die Vermittlungschancen.“
Deshalb greife das Programm von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zu kurz, weil es nur auf die Vermittlung Langzeitarbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt ziele und zugleich ehemalige „Bürgerarbeiter“ von Förderung ausschließe. Mit der Landesregierung sei man sich darüber einig, dass es auch künftig einen sozialen Arbeitsmarkt in Anlehnung an die in diesem Jahr ausgelaufene Bürgerarbeit geben müsse. (mz)
