Lufthansa unter Druck Ryanair setzt Lufthansa unter Druck: Wie der Konkurrent den Markt aufmischt

Frankfurt a.M. - Ryanair schafft, was nur wenige Airlines können. Trotz sinkender Ticketpreise steigt der Gewinn. Und jetzt wollen die Iren in durchstarten, vor allem in Deutschland und Italien. Wir erläutern, warum Konkurrenten wie die Lufthansa immer stärker unter Druck geraten.
Wie viel hat Ryanair verdient?
Im abgelaufenen Geschäftsjahr (per 31. März) kam ein Gewinn von 1,32 Milliarden Euro zusammen. Im Vorjahr waren es noch 1,24 Milliarden – wobei dabei die Einnahmen aus dem Verkauf einer Beteiligung an Air Lingus nicht berücksichtigt wurden. Und Konzernchef Michael O‘ Leary erwartet für das aktuelle Geschäftsjahr ein weiteres Gewinnplus auf mindestens 1,4 Milliarden Euro. Zugleich ging zuletzt der Durchschnittspreis pro Ticket um 13 Prozent zurück.
Wie gelingt Ryanair, das Kunststück Gewinne zu steigern – trotz billigerer Tickets?
Mit einer Mischung aus Effizienz und Expansion. Ryanair stellt praktisch permanent neue Flieger in Dienst und erhöht damit das Angebot. So konnte die Zahl der Passagiere auf 120 Millionen gesteigert werden (plus 13 Prozent). Mit mehr Fliegern sinken zugleich die Kosten pro Passagier.
Überdies kamen dem Unternehmen gesunkene Kerosinpreise zugute und die übrigen Kosten wurden noch einmal an allen Ecken und Enden des Flugbetriebs gedrückt. Ferner schafft Ryanair eine enorm hohe Auslastung mit 95 Prozent der Sitze. Das erreicht kein Konkurrent und macht es möglich, dass Ryanair als Preisbrecher in Europa unterwegs ist.
Wie werden sich die Ticketpreise weiter entwickeln?
Das Management erwartet weitere Preissenkungen um bis zu sieben Prozent dieses Jahr an. Das ist auch zugleich eine Kampfansage. Denn die Airlines haben es inzwischen mit teurerem Kerosin zu tun. Gleichwohl will Ryanair aufgrund der geringen Kosten pro Passagier die Tickets billiger machen. Vielen Airlines dürfte es schwer fallen, da mitzuhalten. Höhere Marktanteile für die Iren könnten die Folge sein.
Geht die Expansion von Ryanair weiter?
Sie soll nach den Worten von Finanzchef Neil Sorahan sogar noch einmal beschleunigt werden. Es gebe auf dem europäischen Festland enorme Möglichkeiten. Schwerpunkte des Wachstums sollen in diesem Jahr Rumänien und Polen, aber vor allem Italien und Deutschland werden. Hierzulande spielt eine Rolle, dass Air Berlin sein Angebot immer weiter zusammenstreicht. Überdies hat der Billigflugrivale Easyjet aus Großbritannien gerade mit einer Schwächephase zu kämpfen: das Unternehmen leidet unter dem schwachen Pfund. In Italien wollen die Iren Strecken der insolventen Alitalia übernehmen.
Wer kann Ryanair noch bremsen?
Der Flugzeugbauer Boeing. Ryanair setzt ausschließlich auf Maschinen des Typs 737, diese sind aber weltweit sehr begehrt. Der limitierende Faktor sei die Auslieferung neuer Flugzeuge. Man habe Boeing mitgeteilt, dass man sehr gerne zusätzliche Flieger übernehme, wenn andere Kunden kurzfristig abspringen, so Sorahan. Geplant ist, dass bis März 2018 zusätzlich 47 Jets in Dienst gestellt werden sollen. Von Ende 2019 an werden dann die ersten von insgesamt 100 bestellten Ryanair-Maschinen des Typs 737 Max abheben, diese sind mit neuen sparsamen Triebwerken ausgestattet, was die Kosten weiter drückt.
Was bedeutet das für den hiesigen Markt?
In Deutschland wird der Marktanteil der Billigflieger weiter wachsen – O‘Leary sieht hier viel Potenzial, da der Low-Cost-Bereich im Vergleich zu anderen Ländern unterentwickelt ist. Schwerpunkte dürften Berlin und das Rheinland mit Köln/Bonn und Weeze sein. Air Berlin hat an den dortigen Airports sein Angebot reduziert. Das gilt auch für Frankfurt.
Ryanair-Manager haben bereits angedeutet, dass das Angebot auch am Standort FRA im nächsten Jahr ausgebaut werden soll. Derzeit werden Urlaubsdestinationen in Spanien und Portugal angeflogen, im September kommen Airports in Italien oder Großbritannien hinzu, die den Billigflieger auch für Geschäftsleute attraktiver machen. In diese Richtung dürfte das Geschäft weiter entwickelt werden.
Was bedeutet die wachsende Präsenz in Frankfurt?
Das ist wie ein Pfahl im Fleische der Lufthansa. Frankfurt ist das wichtigste Drehkreuz für die Lufthansa. Mittels Zubringerverbindungen werden die Passagiere zu den lukrativen Langstreckenflügen nach Frankfurt gebracht. Doch mit jedem zusätzlichen Ryanairflug wird es für die Lufthansa schwerer, ihre Zubringer-Jets zu füllen. Das knabbert an der Profitabilität. Kein Wunder, dass sie sich LH-Chef Carsten Spohr massiv darüber beschwert, dass der FRA-Betreiber Fraport Ryanair mit günstigen Gebühren an den Main gelockt hat. Zumal ein Ausbau der Billigfliegerei an Deutschlands Airport Nummer eins beschlossene Sache ist.
Wie sieht es mit den Langstrecken-Ambitionen von Ryanair aus?
Die Iren verfolgen die Pläne nicht weiter, selbst Langstreckenflüge anzubieten, das würde die Renditen schrumpfen lassen, da auf Interkontinental-Flügen das Drücken der Preise nicht in dem Maße möglich ist, wie auf der Mittelstrecke in Europa. Aber Ryanair will die Kooperation mit Langstrecken-Anbietern ausbauen. Für die spanische Air Europa wollen die Iren noch in diesem Jahr Zubringerflüge übernehmen. Auch mit Norwegian und Air Lingus sind Allianzen geplant. O’Leary hat auch schon der Lufthansa angeboten, Langstrecken-Passagiere nach Frankfurt zu bringen. Seine Airline könne das preiswerter erledigen als der LH-Konzern in Eigenregie – eine Provokation.
Wie reagiert die Lufthansa?
Sie baut ihre eigene Billigflugsparte Eurowings aus. Die soll sich in Europa als Nummer drei hinter Ryanair und Easyjet etablieren. Dabei erwägt das Management auch, Air Berlin, die noch 75 Maschinen betreibt, zu übernehmen. Die Lufthansa hat bereits die langfristige Miete von 38 Air-Berlin-Jets vereinbart.