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Regionale Lebensmittel in Berlin Regionale Lebensmittel in Berlin: Online-Plattform contra Naturkostläden

Von Jonas Rest 19.01.2015, 09:23
Eisberg-Salat auf einem Wochenmarkt
Eisberg-Salat auf einem Wochenmarkt dpa Lizenz

Berlin - Karotten und Kartoffeln aus der Region sind der nächste Markt, bei dem die Berliner Start-up-Fabrik Rocket Internet, die auch hinter Zalando steht, auf ein Milliardengeschäft hofft. Ab Dienstag bietet sie mit der Online-Plattform Bonativo zunächst in Berlin rund 400 Produkte von Erzeugern aus der Region an, von Akazienhonig bis Wirsingkohl. „Wir bringen den Wochenmarkt ins Netz“, sagte Bonativo-Chef Christian Eggert. Der Online-Marktplatz werde dabei frischere Produkte anbieten als die meisten Supermärkte.

Tatsächlich stellt das Modell von Bonativo das Prinzip des Supermarktes auf den Kopf. Anstatt stationäre Läden mit Waren zu bestücken, die dann über einen längeren Zeitraum abverkauft werden, funktioniert Bonativo wie ein Lebensmittelladen, der einmal am Tag befüllt - und dann komplett ausverkauft wird. Nach der Bestellung der Kunden holt das Start-up die verschiedenen Produkte bei den regionalen Produzenten ab, sammelt sie in einem kleinen Lager in Kreuzberg und liefert sie dann im Stadtgebiet Berlin aus.

Zu den regionalen Lieferanten gehört etwa der nördlich von Berlin angesiedelte Ökohof Kuhhorst. Kartoffeln, Säfte und Marmeladen gehören zu den Produkten, die der Hof auf der Plattform anbieten wird. Entscheidend sei, dass das Start-up das Logistikproblem für den Hof löse, sagt Betriebsleiter Hannes-Peter Dietrich. „Für uns würde sich das nicht lohnen, extra nach Berlin zu fahren.“

Die Landwirte legen dabei selbst die Preise fest, zu denen sie die Produkte an die Online-Plattform abgeben. Bonativo will den Profit wiederum aus dem Aufschlag für den Endverbraucherpreis ziehen. Da die Plattform sowohl Großhändler als auch stationäre Läden ersetze, werde man regionale Produkte dennoch zu Preisen unterhalb derer von Naturkostläden anbieten können, sagt Bonativo-Chef Eggert.

Mit Bonativo versucht auch die Start-up-Fabrik Rocket Internet der Brüder Marc, Alexander und Oliver Samwer von dem Trend zu profitieren, dass Verbraucher zunehmend darauf achten, ob die Produkte aus der Region kommen. Laut einer Emnid-Umfrage ist Regionalität das wichtigste Merkmal, auf das Kunden beim Lebensmitteleinkauf achten. Sechs von zehn Einkäufern achteten häufig oder sogar fast immer auf die regionale Herkunft – und es werden immer mehr. Der Unternehmensberatung AT Kearney zufolge ist die Anzahl der Kunden, die wöchentlich zu regionalen Produkten greifen, im letzten Jahr um 35 Prozent angestiegen. „Der Trend zur Regionalität wird sich weiter verstärken“, sagt auch Agrarökonom Ulrich Hamm von der Universität Kassel. Die Sicherheit der Lebensmittel sei dabei für die meisten Kunden der entscheidende Aspekt. „Skandale wie um importierte chinesische Erdbeeren sind die Treiber für die Nachfrage nach Regionalität.“

Bonativo steht dabei für eine neue Entwicklung: Erstmals steigt mit der Plattform auch in Deutschland ein mit Risikokapitalgebern unterstütztes Start-up mit Expertise im Online-Bereich in den Markt ein. Derzeit ist das Online-Angebot regionaler Produkte hierzulande dagegen noch ein absoluter Nischenmarkt. „Der Umsatzanteil liegt weit unter einem Prozent, im Promille-Bereich,“ sagt Agrarökonom Hamm.

Die Strategen um Oliver Samwer sind gleichwohl überzeugt, dass sich das mit der Zeit ändern wird – und sie zum Amazon des Lebensmittelhandels werden können. (mz)

Bonativo-Chef Christian Eggert
Bonativo-Chef Christian Eggert
Bonativo Lizenz