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Reform bei Lebensversicherungen Reform bei Lebensversicherungen: Provisionen bleiben geheim

Von Markus Sievers 04.07.2014, 17:34
Neukunden müssen einen geringeren Garantiezins in Kauf nehmen.
Neukunden müssen einen geringeren Garantiezins in Kauf nehmen. dpa Lizenz

Berlin/MZ - Kunden von Lebensversicherungen müssen sich auf Änderungen einstellen. Laut einem Gesetzespaket, das Freitag im Bundestag behandelt wurde, soll unter anderem der Garantiezins zum 1. Januar 2015 für Neuverträge von 1,75 auf 1,25 Prozent sinken. Bei Kündigung oder regulärem Ablauf sollen Versicherte nicht mehr zur Hälfte an Bewertungsreserven bei festverzinslichen Wertpapieren beteiligt werden. Außerdem hat die Koalition die Reform in letzter Sekunde entschärft: Die Provisionen bei Neuabschlüssen bleiben weiter geheim. In einer Woche soll der Bundesrat dem Gesetz zustimmen. Die MZ beantwortet die wichtigsten Fragen:

Wie transparent werden Lebensversicherungen?

Nicht ganz so wie ursprünglich beabsichtigt. Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung hieß es noch, der Vermittler müsse die Höhe der Provision „als Gesamtbetrag in Euro“ mitteilen. Dagegen lief die Branchenlobby Sturm. Nun änderten die Abgeordneten im Finanzausschuss des Bundestages vor der entscheidenden Abstimmung im Parlament gestern den Passus. Ausweisen müssen die Anbieter nicht die Provision, sondern die so genannten Effektivkosten. Die Provisionen sind nur ein Teil davon.

Was sind Effektivkosten?

Diese Kennziffer zeigt an, um wie viel die Rendite für den Kunden durch die Abschlusskosten insgesamt sinkt. Dies kennen die Verbraucher bereits von Riester-Produkten. Dennoch ist die Kennziffer umstritten. Sie führt nach Einschätzung von Gerhard Schick, Finanzexperte der Grünen, in die Irre, wenn die Sparer den Lebensversicherungsvertrag nicht bis zum Ende durchhielten. Die meisten kündigten vorab. Verbraucherschützer kritisieren, dass damit ein Vergleich behindert werde. Die mangelnde Transparenz schwäche die Honorarberater, die ohne Provisionen auskommen. Die Union und SPD weisen den Vorwurf zurück, dass sie vor der Lobby eingeknickt sind. Der Ausweis der Provisionen hätte zu Wettbewerbsverzerrungen geführt, argumentieren sie. Denn bei bestimmten Banken und Großvertrieben wie DVAG oder MLP erhalte zwar der einzelne Vermittler wenig Provision. Doch dafür kassiere das Unternehmen noch einmal. Der Kunde werde also stärker abkassiert als es die Provision erkennen lasse.

Was ändert sich noch?

Viel. Mit dem Gesetz will die Politik die Lebensversicherungen stabilisieren. Sie will verhindern, dass Anbieter aufgrund der langen Niedrigzinsphase ihre Garantien nicht mehr erfüllen können. Dafür ändert sie die Regeln für die Beteiligung an den Bewertungsreserven, die Versicherung und Versichertem bei Ablauf des Vertrages zur Hälfte zustehen.

Was sind Bewertungsreserven?

Das sind Buchgewinne auf Vermögenswerte, die Versicherungen mit dem Geld ihrer Kunden gekauft haben. Beispiel: Eine Versicherung kauft Aktien für 1 000 Euro. Durch Kurssteigerungen an der Börse legt deren Wert auf 2 000 Euro zu. In den Büchern der Versicherung stehen sie aber noch mit 1 000 Euro. Die Versicherung hat also eine Bewertungsreserve von 1 000 Euro. Die Hälfte davon muss sie an die Kunden ausschütten, wenn deren Vertrag ausläuft. Das ändert sich.

Was ist konkret neu?

Bei Aktien und Immobilien bleibt die Ausschüttung von Bewertungsreserven Pflicht. Die Versicherungen aber halten überwiegend festverzinsliche Wertpapiere. Hierbei gilt nun künftig: Steckt ein Unternehmen in Schwierigkeiten und kann seine Garantien gegenüber Kunden langfristig nicht mehr erfüllen, wird es von der Pflicht befreit, die jetzt ausscheidenden Kunden an den Bewertungsreserven für festverzinsliche Wertpapiere zu beteiligen. Je nach Vertrag kann das für ausscheidende Kunden erhebliche finanzielle Einbußen bedeuten.

Wer gewinnt, wer verliert?

Einbußen bringt die Reform für jetzt ausscheidende Kunden. Sie hätten außergewöhnlich hohe Bewertungsreserven als Sahnehäubchen oben drauf bekommen. Dafür nutzt die Neuregelung allen anderen Inhabern von Lebensversicherungen. Derzeit müssen die Anbieter viel Geld, das sie gar nicht erwirtschaftet haben, ausschütten.