1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Rechte am Arbeitsplatz: Rechte am Arbeitsplatz: Überlebenstipps für das Großraumbüro

Rechte am Arbeitsplatz Rechte am Arbeitsplatz: Überlebenstipps für das Großraumbüro

11.09.2013, 12:38
Wer mit Kollegen reden muss, geht besser direkt hin und schreit nicht durch den Raum.
Wer mit Kollegen reden muss, geht besser direkt hin und schreit nicht durch den Raum. dpa Lizenz

Halle (Saale)/DMN. - Das Großraumbüro galt lange als Zukunftsmodell - doch für viele Mitarbeiter wurde es zum Alptraum: Immer mehr Berufstätige arbeiten mittlerweile in Räumen mit zehn Arbeitsplätzen und mehr. Die Privatsphäre ist gleich null, stattdessen herrscht oft das Gefühl sozialer Kontrolle. Das hat Folgen: Verschiedenen Studien zufolge fühlen sich Beschäftigte in Großraumbüros schneller gestresst, sind weniger produktiv und werden auch leichter krank. Neunzig Prozent der Mitarbeiter berichten in einer australischen Studie über negative Einflüsse auf ihre Psyche und Gesundheit.

„Angestellte in Großraumbüros leiden unter Reizüberflutung, Verlust von Privatsphäre, Identitätsverlust, niedriger Produktivität und geringer Zufriedenheit“, schildert Studienleiter Vinesh G. Oommen die häufigsten Probleme. Vorteile sieht der Wissenschaftler in erster Linie beim Arbeitgeber: Durch die Nutzung großer Büroflächen könnten Unternehmen bis zu 20 Prozent ihrer Entwicklungskosten senken, heißt es.

Eigentlich soll das Großraumbüro die Kommunikation unter Beschäftigten fördern. Allerdings sorgen Telefongespräche, Teammeetings oder Smalltalk auch für Störungen. Hinzu kommt das Gefühl, von den Kollegen überwacht zu werden. Entsprechend empfiehlt das australische Forscher-Team, die Raumgestaltung nicht nur von Kostenfragen leiten zu lassen, sondern die sozialen und psychologischen Bedürfnisse der Angestellten zu berücksichtigen.

Ansonsten sollten in jedem Großraumbüro Regeln gelten:

Nicht nur bei Telefongesprächen, sondern auch im direkten Gespräch sollte jeder so leise wie möglich und nicht über die Köpfe anderer hinweg reden. Stehen Sie notfalls auf und gehen Sie kurz zum Kollegen hin. Auch sollte man beim Denken nicht laut vor sich hin sprechen, das lenkt andere ab.

Helfen können auch klare Absprachen im Team über Arbeitsphasen, in denen gestört werden darf. Dazu zählt wenn möglich ebenfalls eine Regelung über feste Telefon- und Gesprächszeiten, etwa mit Kunden.

Das Handy und alle akustischen Benachrichtigungen am Computer schaltet man besser auf lautlos. Lärmende Geräte wie Drucker etc. sollten möglichst aus dem Arbeitsbereich entfernt werden. Musik bitte nur per Kopfhörer hören!

Selbst wenn man gemeinsam am Schreibtisch vor einem Bildschirm sitzt, muss man dem anderen nicht unangenehm nahe kommen. Zudem sollte man Kollegen bei ihrer Arbeit nur bei dringenden Anliegen unterbrechen. Auch ständige Wanderungen zwischen den Arbeitsplätzen stören.

Eine Phonebox sowie ein Denk- bzw. Kommunikationsbereich im Großraumbüro sorgen für mehr Ruhe. Ausgedehnte (Privat-)Gespräche kann man auch im Pausenraum führen, private Telefonate erledigt man ebenfalls besser draußen.

Dem einen ist es im offenen Büro zu kalt und zugig, dem anderen zu warm und stickig. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa wird in Großraumbüros häufig über die Raumtemperatur gestritten. Gut ein Viertel der Befragten gab an, dass es um das Raumklima immer wieder Diskussionen gibt. Tipp: Lieber kurz und kräftig lüften statt die Fenster dauerhaft gekippt zu lassen, Kompromisse eingehen und Rücksicht auf erkältete Kollegen nehmen.

Den Anspruch auf ein Einzelbüro kann man sich in der Regel abschminken - im Zweifel muss man das Zimmer mit einem Kollegen teilen. Das gilt sogar für Professoren, die 20 Jahre lang ein eigenes Dienstzimmer gehabt haben, entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Az.: 4 S 1020/13). Bei der Zuweisung von Diensträumen könne der Dienstherr weitestgehend frei entscheiden, erklärte das Gericht. Ein Rechtsverstoß läge nur dann vor, wenn die Zuweisung des neuen Büros sachlich unvertretbar oder willkürlich wäre.

Mindest acht Quadratmeter pro Nase

Allerdings hat jeder Mitarbeiter Anspruch auf eine bestimmte Quadratmeterfläche im Büro - die jeweilige Größe regelt die Arbeitsstättenverordnung. Bei Bildschirmarbeitsplätzen sollte pro Arbeitsplatz eine Fläche von 8 bis 10 Quadratmetern zur Verfügung stehen, in Großraumbüros sind 12 bis 15 Quadratmeter festgelegt. Kommen Ablageflächen, technische Geräte, Platz für Kunden sowie für die Mitarbeiterkommunikation hinzu, muss man sogar von einem höheren Bedarf ausgehen.

Darüber hinaus verlangen Arbeitsschützer mindestens 2,5 Meter Raumhöhe sowie 60 Zentimeter breite Wege zwischen den Schreibtischen. Auch der Lärmpegel darf eine bestimmte Dezibelzahl nicht überschreiten – sie entspricht etwa einem normalen Gespräch. Doch gerade in Großraumbüros sind Lärm, die trockene und stickige Luft sowie unangenehme Lichtverhältnisse und Raumtemperaturen häufig ein Problem, zeigt eine Schweizer Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft.

Gibt es solche Probleme, kann man sich beschweren oder im Extremfall sogar arbeitsrechtliche Schritte vornehmen. Besser ist aber, zuerst mit dem Chef zu sprechen und mehr Platz einzufordern. (gs/dpa)

Rutsche und Skate-Rampe - wie kreativ manche Unternehmen ihre Büros gestalten, zeigt unsere Bildergalerie:

Vorbild USA: Das Großraumbüro soll die Kommunikation unter Beschäftigten fördern - leider sieht die Realität oft anders aus.
Vorbild USA: Das Großraumbüro soll die Kommunikation unter Beschäftigten fördern - leider sieht die Realität oft anders aus.
dpa Lizenz