VW-Dieselaffäre Prozess um VW-Dieselbetrug: Verteidiger fordern Freispruch
Nach mehr als dreieinhalb Jahren Prozess sind die Ankläger sicher, frühere VW-Mitarbeiter des Betrugs überführt zu haben. Verteidiger kommen zu einem anderen Ergebnis und greifen die Ermittler an.

Braunschweig - Im Strafprozess zur VW-Dieselaffäre gegen vier frühere Manager und Ingenieure wollen die Verteidiger eines Angeklagten einen Freispruch für ihren Mandanten erwirken. Diese Forderung kündigte das Anwälte-Team des früheren Leiters der Aggregate-Entwicklung bei VW im Braunschweiger Landgericht an. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre Haft für den 59-Jährigen gefordert.
Die Verteidigung des Angeklagten griff die Arbeit der Ankläger am Montag scharf an. Eine Anwältin bezeichnete Argumente der Staatsanwalt als zynisch und sprach von teils unsinnigen Behauptungen. Die Vorwürfe seien nicht zu verifizieren, sagte ein Kollege. Die Anwälte kündigten an, dass allein die Vorträge für ihren Mandanten noch mehrere Stunden dauern werden. Es blieb zunächst offen, ob das erste Plädoyer am Montag abgeschlossen wird.
Strafverfolger sehen erwiesenen Betrug
Die vier früheren Manager und Ingenieure stehen seit September 2021 vor einer Wirtschaftsstrafkammer in der niedersächsischen Stadt. Aus Sicht der Ankläger sind sie nach dreieinhalb Jahren Prozess mit 168 Verhandlungstagen und rund 150 Zeugen des Betrugs überführt. In einem mehr als vierstündigen Abschlussplädoyer hatten die Strafverfolger daher zwischen vier Jahre Gefängnis und zwei Jahren auf Bewährung gefordert.
Im September 2015 war in den USA bekanntgeworden, dass VW in großem Maßstab ein Täuschungsprogramm eingesetzt hatte, das Abgastests erkannte und nur dann die volle Reinigung der Emissionen aktivierte. Der Skandal wurde weltweit als „Dieselgate“ bekannt und stürzte den Wolfsburger Autobauer in eine tiefe Krise.
Nach vielen Jahren bleibt es dabei: Aussage steht gegen Aussage
Bis heute bleibt die Frage, wer wusste wann was über das geheime Programm. In dem aktuellen Braunschweiger Verfahren steht Aussage gegen Aussage. Ingenieure, die die Abschalteinrichtung vorgeschlagen haben sollen, sagen sinngemäß: Wir haben Bedenken geäußert und vor Konsequenzen gewarnt. Die Vorgesetzten entgegnen: Es wurde über Probleme gesprochen, nie aber über ungesetzliches Handeln.
Ursprünglich geplant war, dass der frühere Volkswagen-Konzernchef Martin Winterkorn mit auf der Anklagebank sitzt. Sein Verfahrensteil wurde aber schon vor dem Auftakt im September 2021 aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt. Ob und wann der Verfahrenskomplex gegen Winterkorn neu beginnen kann, ist unklar.
Mehrstündige Plädoyers werden diese Woche fortgesetzt
Die Verteidiger-Plädoyers im Betrugsprozess sollen am Mittwoch (7.5.) fortgesetzt werden. Es wird damit gerechnet, dass die abschließenden Stellungnahmen für die Angeklagten weiterhin jeweils mehrere Stunden, möglicherweise ganze Verhandlungstage dauern könnten. Wann dieses riesige Verfahren mit einem Urteil zu Ende geht, ist deshalb nicht absehbar.