Private Prozessfinanzierer Private Prozessfinanzierer: Mit einem Sponsor vor den Kadi

München/Berlin/dpa. - Das Prinzip ähnelt dem einer Wette:Prozessfinanzierer setzen darauf, dass ihr Klient vor Gericht gewinnt- gelingt das, bekommen sie einen Teil des erstrittenen Geldes.Verliert ihr Schützling, zahlen sie alle Kosten des Prozesses. Je häufiger die Finanzierer mit ihrem Tipp richtig liegen, destoeinträglicher ist das Geschäft. Auch für den Kläger - egal obPrivatmann oder Unternehmen - lohnt sich der Deal oft: Lieber denGewinn teilen als bei einem langen Verfahren irgendwann aufstecken,lautet das Motto.
Das Problem liegt auf der Hand: Viele Prozesse sind teuer, selbstwenn die Gewinnaussichten gut sind. Schließlich fallen zunächstGebühren und Anwaltskosten an. Und der Berg der Belastungen wird umsogrößer, je länger sich das Verfahren hinzieht. «Schwierig wird es fürden, dem die Liquidität fehlt, um das durchzuhalten», sagt ArndtEversberg, Geschäftsführer der Allianz ProzessFinanz GmbH in München.Prozessfinanzierer wie die Tochter des Allianz-Konzerns übernehmendiese Kosten - und zwar schon während des Verfahrens.
Den Kontakt zu einem solchen Finanzierer stellt in der Regel derAnwalt her. «Mit dem sollte man aber genau besprechen, ob einFinanzierer wirklich nötig ist», sagt Lutz Wilde, Redakteur bei derin Berlin erscheinenden Zeitschrift «Finanztest» der StiftungWarentest. Um den Prozessgewinn nicht unnötig zu schmälern, solltenKläger nicht um jeden Preis die Sicherheit der Finanzierung suchen.Möglicherweise haben sie auch Anspruch auf staatlicheProzesskostenhilfe.
Hat sich der Mandant allerdings für einen privaten Finanziererentschieden, bekommt der vom Anwalt den Klageentwurf. Dieser wird aufseine Erfolgsaussichten hin geprüft. «Wir spielen durch, wie sich derGegner vermutlich verhalten wird», erklärt Thomas Kohlmeier, Vorstandder D.A.S. Prozessfinanzierung in München.
Grundvoraussetzung für ein Engagement der Finanzierer ist, dassauch etwas zu holen gibt: «Das können Zahlungen von Schadensersatz,aber auch vertragliche Ansprüche sein», sagt Arndt Eversberg. Bei derAllianz ProzessFinanz muss der Streitwert mindestens 100 000 Eurobetragen. Die D.A.S. Prozessfinanzierung wird bereits ab 50 000 Euroaktiv. Darunter lohnt sich der Einsatz für die Finanzierer nicht.
Aber auch bei einem hohen Streitwert wird längst nicht mit allenMandanten nach der Prüfung ein Vertrag geschlossen: Arndt Eversbergschätzt, dass nur jeder zehnte Antrag zu einer Finanzierung führt.«Aber auch eine begründete Ablehnung kann nützlich sein.» Denn wenndie Finanzierer das Risiko für zu hoch halten, sollte der Betroffenesein Klagevorhaben grundsätzlich noch einmal überdenken.
Stimmen Streitwert und Gewinnchance, kommen Mandanten undFinanzierer ins Geschäft. In ihrer Vereinbarung wird der Anteil desProzessfinanzierers am Gewinn festgelegt - in der Regel zwischen 20bis 30 Prozent. Diese Quote gilt nicht nur bei einem vollständigenGewinn des Verfahrens, sondern auch dann, wenn sich die Beteiligtenauf einen Vergleich einigen.
Das «Thema» des Rechtsstreits ist den Finanzierern grundsätzlichegal: Versicherungs- und Erbrechtsfälle werden ebenso finanziert wieAuseinandersetzungen um den Zugewinnausgleich bei Ehescheidungen.«Ein Feld ist zum Beispiel auch die Arzthaftung, wenn es zu Fehlernbei der medizinischen Versorgung gekommen ist», erklärt Kohlmeier vonD.A.S..
Und Eversberg von der Allianz ergänzt: «Es kann auch sein, dassein Zulieferbetrieb sich mit einem großen Autohersteller über dieEinhaltung eines Vertrags streitet.» Eine Einschränkung giltallerdings bei beiden Finanzierern: Als Töchter vonVersicherungskonzernen engagieren sie sich nicht in Verfahren, in dieandere Teile des Konzerns involviert sind.
Die Möglichkeiten, einen Prozessfinanzierer ins Boot zu holen,sind also breit gefächert. Das Prinzip ist einfach und findet kaumKritiker. Auch Verbraucherschützer halten diese Art der finanziellenAbsicherung eines Verfahrens für eine echte Alternative: «Denn eineRechtsschutzversicherung ist in aller Regel entbehrlich», sagt EddaCastelló von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Durch den Verzicht auf eine Rechtsschutzversicherung ließen sichleicht 300 bis 400 Euro im Jahr sparen. Wird man selbst beklagt,springe die Haftpflichtversicherung ein, sagt Castelló. Für Menschen,die selbst vor Gericht ziehen wollen, sei die Prozessfinanzierung einbequemer Weg der Absicherung: «Das funktioniert ja wie eine direktfür den einen Fall abgeschlossene Versicherung.»