Prestige-Projekt gescheitert Prestige-Projekt gescheitert: Das vorläufige Ende von Google-Glass

Berlin - Das Scheitern von Google-Glass ist ein Rückschlag für Google: Wir erläutern, wie es mit den Kommunikationsgeräten auf der Nase weitergehen könnte.
Warum taugt überhaupt eine Brille als elektronisches Gerät?
In Science-Fiction-Filmen sind Datenbrillen längst nichts neues mehr. Doch auch Wissenschaftler beschäftigten sich seit Jahren mit dem Thema. Denn es ist extrem plausibel, Kommunikationsgeräte, mit denen Nutzer Inhalte hören, sehen und lesen können, quasi näher an den menschlichen Körper zu bringen. Das könnte Notebooks und Smartphones überflüssig machen. Google-Glass ist ein Minicomputer mit Internetanschluss, einem kleinen Bildschirm schräg über dem rechten Auge und einer Kamera. Die Brille wurde 2012 mit viel Tamtam von Google-Mitgründer Sergey Brin als eine technische Revolution präsentiert. In den USA wurden einige tausend Brillen zum Stückpreis von 1500 Dollar verkauft. Die Vermarktung wird nun eingestellt.
Warum konnte sich Google-Glass nicht durchsetzen?
Die Brille hat nie den Status eines Pilotprojekts verlassen. Auch der Verkauf diente vor allem dazu, die alltägliche Nutzung zu erforschen. Vieles spricht dafür, dass Google-Glass einfach zu früh kam. Es gab einige technische Probleme. Die Batterielaufzeit war sehr kurz. Zudem erwärmte sich das Gerät stark. Noch vor einigen Tagen kursierten Meldungen, dass es nun technische Verbesserungen geben soll. Die Brille sollte angeblich mit neuen Computerchips von Intel ausgestattet werden. Zudem gab es gegen das Produkt massive Proteste von Datenschützern wegen der möglichen Verletzung der Privatsphäre: Mit Glass war es möglich, Fotos zu machen, ohne dass Menschen in nächster Nähe dies bemerkten.
Ist das eine Blamage für Google?
Sicher. Für Google war das bislang aber kein Problem. Der Konzern verfolgte das Prinzip, öffentlich über alle möglichen technologisch interessanten Dinge zu sprechen, sie quasi vor Publikum auszuprobieren und weiter zu entwickeln. Dabei war auch einkalkuliert, dass manches schief gehen kann.
Ist nun das Thema Computerbrille gestorben?
Ganz bestimmt nicht. Neben Google arbeitet eine Reihe von Hightech-Firmen an intelligenten Brillen. Zukunftsforscher sind davon überzeugt, dass diese Geräte früher oder später kommen werden. Entscheidend ist der technische Fortschritt bei wichtigen Komponenten. Und auch Google nimmt einen neuen Anlauf. Das Projekt soll nun in einer eigenständigen Sparte des Unternehmens fortgeführt werden. Bemerkenswert ist, dass einer der wichtigsten Manager des Konzerns, Tony Fadell, künftig dafür verantwortlich ist. Fadell war einst bei Apple für die Entwicklung des Musikabspielgerätes iPod zuständig. Bei Google übernimmt er zunehmend die Rolle des Chefs der Entwicklung von Hardware. Wie es konkret weitergeht, ist unklar. Neue Produkte würden präsentiert, wenn sie „fertig sind“, teilt Google mit. Das lässt sich als Hinweis auf eine neue Strategie verstehen, die bislang vor allem Apple praktizierte: Der Konzern ist mit seinen Geräten nie der erste, zeigt dann aber ausgereifte Produkte, die denen der Konkurrenz häufig überlegen sind.
Wie könnte eine ausgereifte Computerbrille funktionieren?
Marktforscher sind davon überzeugt, dass die nächste oder die übernächste Generation der Brillen von konventionellen Brillen nicht mehr unterscheidbar sind. Die Gläser werden dann zu Bildschirmen. Als eine Variante für mehr Tragekomfort könnte die Computertechnik etwa in einer Armbanduhr untergebracht werden, die Daten mittels Bluetooth-Technik übermittelt. Wichtig ist auch die Frage nach den Anwendungsbereichen: Google wollte ursprünglich ein Konsumenten-Produkt offerieren, konzentrierte sich zuletzt verstärkt auf dem Einsatz in Betrieben. Computer-Brillen könnten beispielsweise in der Auto-Fertigung eingesetzt werden: Der Mitarbeiter hat zum Werkeln beide Hände frei und kann dennoch kommunizieren. Auch etwa bei Ärzten ist ein Einsatz intelligenter Brillen während einen Operation oder einer Untersuchung denkbar. Womöglich wird die Brille zunächst in Unternehmen eingesetzt und erst dann zu einem Konsumentenprodukt.