Praxisgebühr Praxisgebühr: Wie Patienten sparen können
Düsseldorf/Marburg/dpa. - Zehn Euro Praxisgebühr beim Arztbesuch und kräftige Zuzahlungen für Medikamente verunsichern seit Jahresanfang viele Patienten. Wann und wie oft zum Beispiel die Praxisgebühr gezahlt werden muss, ist selbst Ärzten und Praxispersonal bisweilen noch unklar. Und auch über Sparmöglichkeiten wissen viele gesetzlich Krankenversicherte noch nicht Bescheid: Denn mit etwas Geschick lassen sich die Zuzahlungen verringern.
Sehr wichtig sei künftig die ärztliche Überweisung, sagt Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Schließlich werde die Praxisgebühr immer dann fällig, wenn ein Arzt erstmals im Quartal aufgesucht wird, ohne dass eine Überweisung vorliegt. Dabei muss man nicht stets erneut zum Hausarzt gehen: «Der Augenarzt kann auch zum Frauenarzt überweisen oder zum Orthopäden», so der Gesundheitsexperte. Zum Zahnarzt allerdings kann weder überwiesen werden, noch kann er zu einem Haus- oder Facharzt überweisen. Ausnahmen gelten auch beim Psychotherapeuten: Hier ersetzt dessen Quittung die Überweisung zu einem Haus- oder Facharzt.
Da die Überweisungen nur innerhalb eines Vierteljahres gelten, müssen Patienten laut Schuldzinski jetzt außerdem sehr genau auf die Termine achten. «Wer sich am 28. März beim Arzt eine Überweisung für den 5. April holt, hat nichts gespart.» Sinnvoll sei es daher, auch Folgeuntersuchungen immer in dasselbe Quartal zu legen, rät Christian Zimmermann vom Allgemeinen Patienten-Verband in Marburg.
Vorsorgeuntersuchungen und Impftermine sind von der Praxisgebühr befreit. Auch hier sollten Patienten jedoch wachsam sein, rät Zimmermann: Ärzte neigten leicht zu einer «unsachgemäßen Leistungsausweitung». Wer also wegen einer Brustkrebsvorsorge zum Frauenarzt geht und im Lauf des Besuchs noch wegen anderer Beschwerden behandelt wird, müsse trotzdem die zehn Euro zahlen. «Dann muss man darauf bestehen: Das will ich nicht», rät Zimmermann, der selbst Arzt ist.
Gezahlt werden muss die Gebühr auch dann, wenn der Patient nur am Telefon mit seinem Arzt spricht. Schließlich stelle auch das Telefongespräch eine Inanspruchnahme ärztlicher Leistung dar, so die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Köln. Gleiches gelte für das Abholen eines Rezeptes. Allerdings sollen Folgerezepte für die Anti-Baby-Pille nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums von der Gebühr befreit werden.
Grundsätzlich keine Praxisgebühr zahlen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Nicht zahlen muss auch, wer nach einem Arbeitsunfall oder bei Berufskrankheit einen Arzt aufsucht. Dies gelte zumindest für Arbeitnehmer, die über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert sind, so der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) in Sankt Augustin. Auch bei einem akuten Notfall muss der Arzt den Experten zufolge behandeln, ohne zuvor die Gebühr zu kassieren.
Ermäßigt wird die Praxisgebühr möglicherweise auch Menschen mit einer chronischen Krankheit wie Diabetes oder Asthma. Dies sei Bestandteil vieler Bonusmodelle, die von den Krankenkassen derzeit erarbeitet werden, sagte Martin Plass vom Ersatzkassenverband VdAK/AEV in Berlin. «Die Patienten müssen sich dazu allerdings in ein Behandlungsprogramm einschreiben.» Dabei verpflichteten sie sich zu regelmäßigen Arztbesuchen und bestimmten Behandlungsmethoden.
Auch die übrigen Patienten können dann bei vielen Kassen im Rahmen eines Hausärztemodells in den Genuss einer ermäßigten Praxisgebühr kommen, so Plass. «Dabei verzichten sie allerdings auf eine freie Arztwahl und gehen immer zuerst zu ihrem Hausarzt.» Schließlich seien auch bei einer so genannten integrierten Versorgung etwa nach einer Hüftoperation Nachlässe in der Praxisgebühr oder bei den Medikamentenzuzahlungen möglich: «Dabei muss der Patient sich auf eine bestimmte Klinik und eine bestimmte Nachsorge festlegen.»
All diese Ermäßigungsregelungen seien von den meisten Kassen beschlossen worden und müssten noch vom Bundesversicherungsamt genehmigt werden, so Plass. Generell werde das Angebot der gesetzlichen Krankenkassen künftig sehr unterschiedlich sein. «Die Wahl der Kasse wird immer schwieriger werden», meint daher Wolfgang Schuldzinski. Ein Vergleich lohne sich künftig auf jeden Fall.
Lohnenswert sei auch, alle Quittungen über Zuzahlungen aufzubewahren: «Dies gilt vor allem, wenn man oft zum Arzt geht und wenig Geld hat.» Schließlich dürfen alle Zuzahlungen im Jahr insgesamt nicht mehr als zwei Prozent des Bruttohaushaltseinkommens betragen, bei chronisch Kranken ein Prozent. «Sobald diese Grenze erreicht ist, sollten sie bei der Krankenkasse eingereicht werden, auch wenn es erst im Mai oder Juni ist.» Außerdem gebe es noch die Möglichkeit, von der Kasse nicht übernommene Ausgaben als außergewöhnliche Belastung von der Steuer abzusetzen. Dies gelte etwa für Taxikosten oder Brillen, die von den Kassen gar nicht mehr bezahlt werden.
Auch bei den Medikamenten lässt sich sparen: «Versandapotheken können eine Alternative sein», sagt Schuldzinski. Sie erließen den Kunden in manchen Fällen einen Teil der Zuzahlung. Für nicht verschreibungspflichtige Medikamente lohnt sich ein Vergleich besonders: Sie werden von den Kassen nicht mehr bezahlt, unterliegen allerdings auch nicht mehr der Preisbindung. «Hier stehen auch die niedergelassenen Apotheken miteinander im Wettbewerb», so der Verbraucherschützer.
