1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Plastik nicht mehr gefragt: Plastik nicht mehr gefragt: Sachsen-Anhalter greifen vermehrt zu Glasflaschen

Plastik nicht mehr gefragt Plastik nicht mehr gefragt: Sachsen-Anhalter greifen vermehrt zu Glasflaschen

Von Steffen Höhne 25.11.2019, 09:00
Verbraucher kaufen immer mehr Glas- statt Plastikflaschen.
Verbraucher kaufen immer mehr Glas- statt Plastikflaschen. imago stock&people

Halle (Saale) - Um Plastikmüll zu vermeiden, kaufen die Verbraucher wieder deutlich mehr Mineralwasser in Glasflaschen. „Die Kunden sehen Glas-Mehrweg als deutlich nachhaltiger an als PET-Flaschen“, sagt Georg Staudt von der Genossenschaft Deutscher Brunnen der MZ.

Seit etwa einem Jahr gebe es ein starkes Wachstum. Davon würden besonders die mittelständischen Mineralwasserhersteller profitieren - auch in Sachsen-Anhalt.

Die Harzer Mineralquelle aus Blankenburg verbucht allein in diesem Jahr einen Zuwachs von 20 Prozent bei den Glasgebinden. Nach Angaben von Geschäftsführer Ralph Weitemeyer wird bereits wieder jede zweite Füllung in Glas abgefüllt. Vor fünf Jahren habe der Anteil noch bei einem Drittel gelegen.

Hohe Steigerungsraten

Ähnlich ist die Entwicklung bei der Marke Gaensefurther Schloss-Quelle aus Hecklingen (Salzlandkreis): „Wir haben den Glasanteil inzwischen auf ein Viertel gesteigert“, sagt Unternehmenssprecher Daniel Haussmann.

Vor fünf Jahren lag er noch unter 15 Prozent. Auch der ostdeutsche Marktführer Lichtenauer (Sachsen) verbuchte bei Glasflaschen in den vergangenen zwölf Monaten ein Wachstum von 16,4 Prozent.

Für ein Umdenken hat bei den Kunden nach Ansicht von Staudt die Kunststoffstrategie der Europäischen Union und die mediale Berichterstattung darüber geführt. Mit den neuen Vorschriften wird die Verwendung bestimmter Produkte aus Plastik wie Einwegteller und -besteck, Strohhalme und Wattestäbchen verboten.

„Als mediales Symbol für Plastikmüll wurde jedoch häufig die PET-Flasche verwendet“, so Staudt. Doch zumindest in Deutschland werde diese geradezu vorbildlich recycelt. Durch das Pfandsystem bei Einwegflaschen gebe es eine Rücklaufquote von 96 Prozent. Auch in der Ökobilanz haben Glas und PET unterschiedliche Vorteile.

Glasflaschen werden etwa 50-mal wiederbefüllt

„Die Transportkosten von Glasflaschen sind aufgrund des höheren Gewichts in der Tat höher“, so Weitemeyer. Das wirke sich auf die CO2 -Bilanz aus. Andererseits würden Glasflaschen etwa 50-mal wiederbefüllt.

Wie die Deutsche Umwelthilfe errechnet hat, legen Einwegflaschen von der Produktion bis zum Kunden und wieder zurück zur Entsorgung 520 Kilometer zurück - doppelt so viel wie Mehrwegflaschen.

Das liegt daran, dass die Discounter und Supermarktketten beim Abfüllen des Wassers in Einweg-Plastikflaschen auf zentrale Abfüllungen setzen. So lässt Lidl ein Großteil seines Eigenmarken- Wassers für die deutschen Märkte aus Quellen in Leißlingen (Burgenlandkreis) und Jessen (Landkreis Wittenberg) abfüllen.

Neue Herausforderungen

Die großen Händler waren es auch, die den Boom der PET-Flasche in den 2000er Jahren beförderten. Die Kunden waren von den leichteren Flaschen schnell überzeugt. Drei Viertel aller Mineralwasserflaschen sind noch immer aus PET-Flaschen. In den ersten neun Monaten 2019 ging der Absatz in Deutschland laut Marktberichten jedoch um zehn Prozent zurück.

Die Brunnen gehen davon aus, dass der Trend zum Glas anhält. „Aktuell zeichnet sich ein weiteres Wachstum für Glasflaschen ab, das wir ausdrücklich begrüßen“, sagt Lichtenauer-Chef Paul K. Korn. Die Unternehmen stellen sich auch darauf ein. So haben die Harzburger Schlossquelle und Gaensefurther zuletzt neue Abfüllanlagen in Betrieb genommen oder bereits bestehende erneuert.

Das starke Wachstum stellt die Brunnen nun vor ganz neue Herausforderungen, denn inzwischen werden die Flaschen knapp. Laut Brunnenchef Weitemeyer würden die Glashersteller längere Lieferzeiten benötigen, „so dass eine schnelle Reaktion seitens der Mineralbrunnen auf die erhöhte Nachfrage erschwert wird“.

Vor allem in den Sommermonaten gibt es mitunter Lieferengpässe. Die Behälterglashersteller arbeiten daher verstärkt an Kapazitätserweiterungen, sagt Johann Overath vom Bundesverband Glasindustrie. Diese seien aber nur mittel- und langfristig möglich. (mz )