Pläne für EU-Haushalt Pläne für EU-Haushalt: Geld bekommt nur, wer die europäischen Grundwerte respektiert

Brüssel - Anderthalb Wochen nach Beginn der Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien nimmt auch die Debatte über die zukünftige Finanzierung der Europäischen Union an Fahrt auf. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger machte am Mittwoch deutlich, dass die Gemeinschaft nach seiner Auffassung im kommenden Jahrzehnt mehr Geld benötigt.
Das EU-Budget müsse „maßvoll“ angehoben werden, sagte Oettinger in Brüssel. Zugleich müsse es aber auch darum gehen, die Mittel effizienter als bisher einzusetzen: Jeder aus dem EU-Haushalt investierte Euro müsse „einen zusätzlichen Nutzen erbringen und sich positiv auf das tägliche Leben der Menschen auswirken“, forderte der deutsche Kommissar.
Oettinger, der der Brüsseler Kommission seit 2010 angehört, ist seit Anfang dieses Jahres für den EU-Haushalt zuständig. Seine wichtigste Aufgabe wird es sein, die Verhandlungen über den künftigen Etat der Gemeinschaft zu führen.
Überweisungen nach Brüssel
Die gegenwärtige Finanzperiode umfasst den Zeitraum von 2014 bis 2020, für die Jahre danach muss rechtzeitig ein neuer Haushalt her. Es geht um die Einnahmen der Union – und damit um die Überweisungen der Mitgliedstaaten nach Brüssel – sowie um die Verwendung der Mittel. Da Großbritannien voraussichtlich 2019 aus der Union ausscheiden wird, fällt ein wichtiger Nettozahler weg. Bis zur Verabschiedung eines neuen Haushalts sind heftige Auseinandersetzungen zu erwarten. Alle Staaten und EU-Institutionen werden versuchen, die Dinge in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Kommissar Oettinger plant, erst in einem Jahr einen konkreten Haushaltsentwurf vorlegen. Am Mittwoch präsentierte er aber bereits ein Papier, das sich mit möglichen Szenarien für die Zukunft der EU-Finanzen befasst. Ob die Union künftig mehr, weniger oder so viel Geld wie bisher benötigt, hängt vor allem davon ab, wie sie sich selbst organsiert und welche Aufgaben sie in den kommenden Jahren übernimmt.
Pläne für Verteidigungsunion
Angesichts des Brexits zeichnet sich ab, dass eher neue Politikfelder hinzukommen, bei denen aber nicht alle Mitgliedstaaten mitmachen. Prominentestes Beispiel ist die Verteidigungsunion, die auf Drängen Deutschlands, Frankreichs und der Kommission zunehmend Gestalt annimmt. Zusätzliche Ausgaben sind in Zukunft auch bei der Inneren Sicherheit sowie bei der Migrations- und Entwicklungspolitik zu erwarten.
Die Gemeinschaft kann gegenwärtig rund 155 Milliarden Euro pro Jahr ausgeben. Das hört sich viel an, entspricht aber weniger als einem Prozent der EU-Wirtschaftskraft. Zum Vergleich: Allein der deutsche Bundeshaushalt hat in diesem Jahr ein Volumen von knapp 330 Milliarden Euro. Die größten Posten im EU-Haushalt sind die Wirtschafts- und Regionalförderung sowie die Landwirtschaft.
Oettinger rechnet damit, dass der EU-Austritt Großbritanniens zu Mindereinnahmen von zehn bis elf Milliarden Euro pro Jahr führen wird. Nur ein Teil lasse sich durch Kürzungen und Umschichtungen ausgleichen, sagte er am Mittwoch. Noch ist unklar, wie die Lücke geschlossen werden kann. Andere Nettozahler wie Deutschland und Österreich lehnen es bisher ab, einen höheren Beitrag zu leisten.
Abgaben au Energie
Einnahmequellen der Union sind die Überweisungen der Mitgliedstaaten sowie Zölle, die an den EU-Außengrenzen erhoben werden. Seit geraumer Zeit wird darüber diskutiert, der Gemeinschaft neue Finanzquellen zu erschließen – etwa durch eine Finanztransaktionssteuer oder Abgaben auf Energie und den Klimakiller Kohlendioxid.
Der Kommission schwebt vor, in Zukunft Zahlungen aus dem EU-Haushalt an die Mitgliedstaaten davon abhängig zu machen, ob die Länder die Rechtstaatlichkeit und die zentralen europäischen Grundwerte respektieren. Auch Deutschland ist der Ansicht, dass das künftig so gehandhabt werden sollte. Diese Pläne dürften vor allem in Polen und Ungarn auf Widerstand stoßen.