Otto Beisheim Otto Beisheim: Mitbegründer des Handelsriesen Metro ist tot

Berlin/MZ - Otto Beisheim starb am Montag als mehrfacher Milliardär. Er hatte sein Vermögen nicht wie die Flicks und die Quandts ererbt. Er hatte es auch nicht nach dem Krieg erworben. Er hat es in den 60er und 70er Jahren gemacht und danach stetig vermehrt. Damals, als die gegen den „Konsumterror“ agitierende Protestbewegung Westdeutschland durcheinander zu bringen versuchte, entstanden in einer zweiten Konzentrationswelle die großen Handelsketten, die Tengelmann, Aldi und auch Beisheims Metro. Die Industrieproduktion war in Deutschland in festen Händen. An diesen Kuchen war nicht heranzukommen. Also fand das neue Milliardenspiel im Handel statt.
Tante-Emma-Läden vernichtet
Die berühmten Tante-Emma-Läden, die kleinen Geschäfte, die wir heute in den oberitalienischen Städten bewundern, wurden vernichtet. Mit ihnen die Innenstädte. Um die Städte herum entstanden auf billigstem Baugrund Einkaufszentren neben Einkaufszentren. In den größeren Städten besann man sich und schuf Fußgängerzonen, aus den kleinen aber verschwand das Geschäftsleben auf Nimmerwiedersehen.
Dafür sanken die Hähnchen-Preise und die für Lachs und Fernseher fielen in damals unvorstellbare Tiefen. Otto Beisheim ist einer der großen Gewinner der Konsumwelle, die sich neben Gorleben (1977) und Nato-Doppelbeschluss (1979) ereignete. Eine Entwicklung, die nicht nur Mentalitätsgeschichte – „Generation Golf“ –, sondern dicke, fette Wirtschaftsgeschichte schrieb. Es war der letzte große Wachstumsschub der deutschen Wirtschaft vor der New Economy, die in der Bundesrepublik freilich vor allem eine Blase war.
Wer war Otto Beisheim? Ein paar Daten kennt die Allgemeinheit. Mehr nicht. Nicht einmal die Todesursache wurde bekanntgegeben. Die Presseabteilung der Otto-Beisheim-Gruppe teilte gestern lediglich mit: „Er litt an einer nicht heilbaren Krankheit und ist aufgrund der Hoffnungslosigkeit seiner gesundheitlichen Lage aus dem Leben geschieden.“
Die Zentrale seines Konzerns hatte er schon vor ein paar Jahren in die Schweiz verlegt. 2008 zog er ihr nach und wurde auch Schweizer. Am 3. Januar 1924 war Otto Beisheim in Voßnacken bei Essen als Sohn eines Gutsverwalters geboren worden. Nach einer Lehre zum Lederwarenkaufmann wurde er zum Wehrdienst eingezogen. Zwischen 1941 und 1945 war Beisheim SS-Scharführer und Angehöriger der Leibstandarte Adolf Hitler. Er wurde von den Engländern entnazifiziert – soweit die spärlichen Angaben der Otto-Beisheim-Stiftung. Die Elite Adolf Hitlers wurde zwar nicht in Gänze zur Elite der Bundesrepublik Deutschland, aber es war doch eine erschütternde Kontinuität selbst bei den ganz Jungen wie Beisheim. Hinzu kommt, dass nicht klar ist, wie er es an die Spitze der Metro schaffte, welche Verbindungen aus dem Prokuristen eines der Mitgesellschafter des Konzerns innerhalb weniger Jahre selbst einen Mitgesellschafter und dann den Alleingeschäftsführer eines der größten deutschen Konzerne machten. 1990 rettete Beisheim Kirch vor dem Konkurs. 2004 wurde am Potsdamer Platz das Beisheim-Center eingeweiht, ein architektonischer Blickfang, den sich der Mann 463 Millionen Euro kosten ließ.
Höhe des Vermögens unklar
Es hat wenig Sinn, über die Höhe des Vermögens Otto Beisheims zu spekulieren. Die 9,97 Prozent Metro-Beteiligung, die er am Schluss noch hatte, ist allein etwa 788 Millionen Euro wert. Vor ein paar Jahren hielt er noch 18,4 Prozent. In welche Geschäfte er den Erlös aus diesem Verkauf gesteckt hat, weiß man nicht. Das geht uns – die Öffentlichkeit – auch, das wäre sicher Beisheims Kommentar zu dieser Bemerkung gewesen – nichts an.