Online-Apotheken Online-Apotheken: Hermann Gröhe rudert bei Versandhandels-Verbot von Medikamenten zurück

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) Mitte Oktober entschieden hatte, dass die deutsche Preisbindung bei Medikamenten für ausländische Versandapotheken nicht gilt und sie daher deutschen Kunden Rabatte geben dürfen, ging alles ganz schnell. Offensichtlich aus Sorge vor der Lobbymacht der Apotheker kündigte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) an, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten kurzerhand ganz zu verbieten. Doch der Koalitionspartner SPD kündigte Widerstand an. Auch die Grünen, die ein derartiges Verbot über ihre Länderbeteiligungen im Bundesrat stoppen könnten, stehen dem Vorhaben ablehnend gegenüber. Nun agiert auch das Gesundheitsministerium deutlich vorsichtiger und betont, noch gebe es überhaupt keine Entscheidungen.
Das geht aus einer Antwort von Gesundheits-Staatssekretär Lutz Stroppe auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche hervor, die dieser Zeitung vorliegt. Stroppe schreibt darin, die Bundesregierung prüfe noch, „ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicher zu stellen“. Insbesondere dürfe es in Folge des Urteils nicht zu einer „ungerechten Lastenverteilung“ zwischen den Apotheken vor Ort und dem Versandhandel kommen. Verhindert werden müsse, dass die Apotheke vor Ort nicht mehr konkurrenzfähig sei. „Die Prüfung ist derzeit noch nicht abgeschlossen“, erklärte Stroppe am Ende seiner Antwort.
Verbot wird schwierig
Schulz-Asche sagte dazu, offenbar habe die Regierung noch „keinen Schimmer“, wie sie ein Verbot des Versandhandels rechtfertigen könne, das sowohl verfassungs- als auch europarechtlich Bestand habe. Tatsächlich ist auch unter Fachleuten umstritten, wie und ob überhaupt ein Verbot gerichtsfest begründet werden kann. Der Bundesregierung war es schließlich schon vor dem EuGH nicht gelungen zu beweisen, dass die Aufhebung der Preisbindung tatsächlich zu einem Apothekensterben führt und damit vor allem die Versorgung der Bevölkerung auf dem Land gefährdet wird.
Vielmehr gibt es auch die Annahme, dass sich ein Ende der Preisbindung allenfalls in Städten mit vielen Apotheken, wo der Konkurrenzdruck ohnehin groß ist, auswirken wird. Um dieser wichtigen Frage nachzugehen, haben die Grünen Ende November zu einer Fachtagung im Bundestag geladen. Zugesagt haben unter anderem der Chef der Apothekervereinigung ABDA, Friedemann Schmidt, Max Müller aus dem Vorstand der niederländischen Versandapotheke DocMorris , Wissenschaftlicher sowie Experten aus der Monopolkommission.
Kritik an Parole der ABDA
Die ABDA hat inzwischen eine umfangreiche Kampagne unter anderem mit Plakaten und Postkarten gestartet, um in der Politik und der Öffentlichkeit für ein Verbot des Versandhandels zu werben. Man werde aus „allen Rohren schießen“, hatte Schmidt angekündigt. Diese Wortwahl und die Kampagne selbst stoßen aber offenbar selbst bei der eigenen Klientel nicht immer auf Zustimmung. Auf dem Online-Apothekenportal „Apotheke adhoc“ beschwerte sich ein Leser, mit dieser Methode mache man die Kunden nur auf „günstige Bezugsmöglichkeiten“ aufmerksam. Und ein anderer weist darauf hin, dass der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes, Maciej Szpunar, der für die Aufhebung der Preisbindung plädiert hat, Pole ist. Mit der Parole, „aus allen Rohren zu schießen“ zeige die Abda nur, „wie bescheuert“ sie sei.