Niedrigzinsen und Nord/LB-Rettung Niedrigzinsen und Nord/LB-Rettung: Sparkassen müssen sparen - erste Sparkasse in Sachsen-Anhalt plant Fusion
Magdeburg - Die historisch niedrigen Zinsen stellen das Geschäftsmodell und sogar die Eigenständigkeit der Sparkassen in Frage. Erstmals plant ein kommunales Geldinstitut in Sachsen-Anhalt aus Not eine Fusion über Kreisgrenzen hinweg. Die Sparkasse Jerichower Land hat Verhandlungen mit dem Nachbarinstitut in Stendal aufgenommen. Vor allem die niedrige Verzinsung belaste sein Haus, sagte der Verwaltungsratschef der Sparkasse Jerichower Land, Landrat Steffen Burchhardt (SPD).
Das kommunale Unternehmen hat in den vergangenen Jahren bereits 20 Stellen abgebaut und Öffnungszeiten eingeschränkt; einzelne Filialen sind nicht mehr an jedem Tag geöffnet. Offenbar reichten diese Kostensenkungen nicht aus. „Als eigenständige Sparkasse müssten wir die Preise erhöhen oder unseren Service einschränken. Beides wollen wir nicht machen. Deshalb suchen wir uns einen Partner“, sagte Burchhardt.
Eine zusätzliche Belastung ist die Krise der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) in Hannover. Die Sparkassen in Sachsen-Anhalt mussten ihre Anteile abschreiben. „Natürlich hat das die Sparkasse geschwächt“, sagte Burchhardt. Zwei Jahre lang habe sein Institut keinen Gewinn erwirtschaften können.
Die letzte Fusionswelle gab es vor zehn Jahren aus politischen Gründen: Mit der Kreisreform entstanden aus 23 Sparkassen 13, für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt eine. Der jetzige Veränderungsdruck kommt aus den Bilanzen. Viele Institute haben bereits Filialen geschlossen. Vor zehn Jahren gab es in Sachsen-Anhalt noch 550, im Sommer dieses Jahres waren es 423.
Um Ausgaben zu kürzen, haben etliche Sparkassen auch gut verzinste alte Sparverträge gekündigt. In Städten wie Leipzig und München sind für die Aufbewahrung großer Summen sogar Strafzinsen fällig. Auch die Saalesparkasse könne das nicht ausschließen, sagte Vorstandschef Jürgen Fox. Konkrete Pläne gebe es nicht; allerdings müsse sein Haus bereits jetzt jährlich mehr als eine Million Euro Strafzinsen für bei der EZB geparktes Geld zahlen.
Der Finanzexperte Michael Koetter würde Fusionen begrüßen. „Sparkassen und auch Volksbanken sind aktuell zu klein, um langfristig eine ordentliche Profitabilität zu erwirtschaften“, sagte der Leiter der Abteilung Finanzmärkte am Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Frühere Fusionen hätten nachweislich zu mehr Effizienz geführt. Für die Firmenkunden der Sparkassen war das laut Koetter von Vorteil. Mittelständische Unternehmen hätten von geringeren Kreditkosten profitiert.
Koetter hält es sogar für problematisch, wenn Sparkassen oder Volksbanken eine kritische Größe fehlt. „Um trotzdem profitabel zu sein, könnten dann risikoreiche Geschäfte eingegangen werden“, warnte der IWH-Forscher. (mz)