1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Nicht um jeden Preis: Streit um den Elternunterhalt

Nicht um jeden Preis: Streit um den Elternunterhalt

Von Monika Hillemacher 10.09.2009, 07:44

Hamburg/München/dpa. - Es könnte jederzeit in jeder Familie passieren: Nach einem Schlaganfall muss der Vater ins Seniorenheim ziehen. Rente und Pflegegeld decken aber die Kosten nicht.

Das Sozialamt springt daraufhin ein und bittet anschließend den Sohn oder die Tochter zur Kasse. Kinder müssen in solchen Fällen für die bedürftigen Eltern aufkommen.

Dass Kinder ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig sind, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB): «Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren», steht dort in Paragraf 1601 geschrieben. Details zum Elternunterhalt haben Gerichte in zahlreichen Entscheidungen ausgestaltet, allen voran die Oberlandesgerichte (OLG) und der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Kinder müssen dabei keine Sorge haben, am Ende kein eigenes Geld mehr übrig zu behalten. Sie müssen nicht ihr gesamtes Einkommen für die bedürftigen Eltern aufwenden. «Es gibt einen Selbstbehalt von 1400 Euro für denjenigen, der zahlen soll. Außerdem werden 1050 Euro für den Ehepartner und altersabhängige Beträge für eigene Kinder abgezogen», erläutert der Familienrechtler und Fachbuchautor Finn Zwißler aus München. Demnach bliebe von 3000 Euro netto nach Abzug des Selbstbehalts von 2450 Euro für ein Ehepaar ein Restbetrag von 550 Euro. Die Hälfte davon steht dem Anwalt zufolge nach gängiger OLG-Rechtsprechung dem Sozialamt zu.

Unterhaltssätze veröffentlichen die Gerichte auf ihren Internetseiten. Am bekanntesten ist die Düsseldorfer Tabelle, die auch Unterhaltszahlungen für eigene Kinder regelt. Schulden für eine eigene Immobilie - nicht jedoch der Auto- oder Urlaubskredit - können die Summe weiter reduzieren, ebenso die freiwillige private Altersvorsorge.

Nach einem Urteil des BGH darf ein Kind bis zu fünf Prozent seines Bruttoeinkommens geltend machen, um «den Fortbestand seiner gegenwärtigen Lebensverhältnisse durch Sparvermögen oder ähnliche Kapitalanlagen» zu sichern (Az.: XII ZR 98/04). Zudem gibt es ein gewisses Schonvermögen. Bei Geschwistern wird der Elternunterhalt auf mehrere Schultern verteilt.

«Eine Quotierung ist möglich», sagt Nils Fleischmann, der Jurist des Sozialamts der Stadt Offenbach. Für die gestaffelte Festsetzung legt sein Amt die Einkommensverhältnisse zugrunde. So kann es passieren, dass ein Geschwisterteil null Prozent zahlt, während die beiden anderen Geschwister 25 und 75 Prozent aufbringen.

Untergrenzen gibt es nicht, wohl aber einen Maximalwert. Er «entspricht dem, was das Sozialamt bezahlt», erläutert Rechtsanwalt Zwißler. Im Allgemeinen prüfen Ämter bereits im Vorfeld, ob laut Gesetz unterhaltspflichtige Kinder selbst Sozialhilfe bekommen oder pflegebedürftig sind.

Sie bleiben dann meist von Zahlungsaufforderungen verschont. Streit gibt es auch in Fällen, in denen Eltern und Kinder überkreuz liegen. Wenn Eltern ihrer Unterhaltspflicht gegenüber Kindern nicht nachkamen, ihnen nach dem Leben trachteten oder eine Tochter ihrer Mutter umsonst den Haushalt führte, wird entschieden, ob die Zahlungen zum Beispiel gemindert werden.

Literatur: Finn Zwißler: Elternunterhalt - Wann zahlen Kinder für ihre Eltern? Walhalla, ISBN-13 978-3802937897, 9,95 Euro; Michael Baczko: Elternunterhalt, Haufe, ISBN-13 978-3448092325, 6,90 Euro

Düsseldorfer Tabelle: www.olg-duesseldorf.nrw.de unter «Service» und «Düsseldorfer Tabelle»