Neuer Bauernpräsident Neuer Bauernpräsident: Olaf Feuerborn ist ein Mann der Verständigung

Prosigk/stassfurt - Mit Frau, zwei kleinen Kindern und einem großen Umzugswagen kam Olaf Feuerborn 1994 nach Prosigk. Der Landwirt aus dem Rheinland hatte all seine Ersparnisse zusammengekratzt und in dem kleinen Dorf bei Köthen eine ehemalige Bullenzucht-Anlage gekauft. Dazu fing er an, 200 Hektar Ackerland zu bewirtschaften. Mit offenen Armen wurde Feuerborn von den umliegenden Bauern nicht gerade empfangen. „Es gab viele Vorbehalte“, erinnert er sich zurück. „Das konnte ich aber auch irgendwie nachvollziehen.“ Vier Jahre nach der Wiedervereinigung war auch die Neuverteilung des Ackerbodens im vollen Gange.
Alte Gräben im Verband
Doch der groß gewachsene Mann, der zuvor einen Kartoffelgroßhandel leitete, überzeugte mit seinem Wissen und seiner sachlichen, unaufgeregten Art. Schnell fand er die Anerkennung der Nachbarn. Gut 20 Jahre nach seiner „Migration“ ist Feuerborn gestern mit 96,7 Prozent zum neuen Präsidenten des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt gewählt worden. Er folgt Frank Zedler, der im Oktober 2015 überraschend aus persönlichen Gründen zurückgetreten war.
Mit Feuerborn, der bereits seit 2010 den jetzigen Kreisbauernverband Anhalt leitet, steht nun auch ein Landwirt an der Spitze der hiesigen Bauernschaft, der nicht aus einer Genossenschaft oder Agrargesellschaft kommt, die aus einer früheren LPG entstanden ist. Diese großen Betriebe haben einen wesentlichen Einfluss im Verband. Die Gräben, die es zwischen den „alten“ und „neuen“ Betrieben in der Vergangenheit immer noch gab, sind offenbar nicht mehr all zu tief. Das ist wichtig, damit die Bauern mit einer Stimme ihre Interessen vertreten können.
Der 54-jährige Feuerborn sagt gegenüber der MZ, dass es ihm darum gehen werde, dass alle Landwirte auch künftig ein „gesichertes Einkommen erzielen können“. Nach seinen Worten muss der Bauernverband den Verbrauchern ein realistisches Bild der Landwirtschaft vermitteln. Dazu gehöre, dass ein „mehr an Tierwohl im Stall“ nur durch höhere Fleischpreise umzusetzen sei. Dafür will er die Politik und den Handel in die Pflicht nehmen. „Es kann nicht sein, dass die Landwirtschaft die Standards erhöhen soll, dies aber niemand bezahlen will“, so Feuerborn. Auch stößt er sich an Umweltverbänden, die einen zu hohen Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft kritisieren oder diese gleich ganz verbieten wollen. „Pflanzenschutz-Mittel werden nur im notwendigen Maße eingesetzt“, sagt Feuerborn. Die teuren Mittel würden allein aus wirtschaftlichen Gründen sparsam verwendet.
Der neue Präsident hat sich aber auch vorgenommen, mit Politik, Umweltgruppen und Gesellschaft „in Dialog“ zu treten. Die Kampfrhetorik einiger seiner Verbandskollegen in Deutschland liegt ihm fern. Missstände in Schweineställen, wie sie bei einigen Züchtern in Sachsen-Anhalt in den vergangenen zwei Jahren aufgedeckt wurden, will er nicht nur als „Einzelfälle“ abtun. „Wirtschaftliche Zwänge haben zu diesen Strukturen geführt. Wir alle haben das auch toleriert“, so Feuerborn. So viel Offenheit war bisher im Verband selten.
Unabhängig seine Meinung zu vertreten, hat sich Feuerborn erarbeitet. Er ist auf einem Bauernhof im Rheinland aufgewachsen. Obwohl seine Eltern den Pachtbetrieb aufgeben mussten, ist er der Landwirtschaft treugeblieben. Rund um Prosigk bewirtschaftet er mit vier Mitarbeitern 350 Hektar. Angebaut werden Kartoffeln, Raps, Zuckerrüben und Getreide. Zudem ist er Betriebsleiter eines großen Gemüsebetriebes in Prosigk, der zum Produzenten Havita gehört. Auf 300 Hektar werden unter anderem Salat, Möhren und Radieschen angebaut. Das Unternehmen zählt mit 25 festen Mitarbeitern und 500 Saisonkräften zu den großen Gemüselieferanten in Ostdeutschland. Abnehmer sind unter anderem die Handelsketten Edeka und Rewe in der Region. Feuerborn bezeichnet das Geschäft als anspruchsvoll: „Jede Woche werden die Preise neu festgelegt. Eine Abnahmegarantie gibt es nicht.“ Durch den Mindestlohn seien die deutschen Gemüsehersteller, die viel Personal benötigen, zuletzt stark unter Druck geraten. Polnische und tschechische Unternehmen versuchen hierzulande Marktanteile zu gewinnen.
Vorbildfunktion wahrnehmen
Warum übernimmt Feuerborn, trotz seiner beruflichen Belastungen, jetzt noch das Ehrenamt des Bauernpräsidenten? „Weil ich es für wichtig halte, sich im Berufsstand oder auch politisch zu engagieren“, sagt der Ortsbürgermeister von Prosigk. Er beobachte, dass in vielen ländlichen Regionen die Zahl der Menschen abnehme, die Vorbildfunktion übernehmen und etwas bewegen wollen. „Die Geschäftsführer von mittelständischen Firmen, die in kleinen Orten ansässig sind, wohnen immer häufiger in Großstädten wie Halle, Leipzig oder Berlin“, sagt er.
Die Zukunft seines eigenen Betriebes sieht er abgesichert. Drei seiner vier Kinder lernen oder arbeiten bereits in der Landwirtschaft. „Sie haben dies ganz für sich entschieden“, sagt Feuerborn. Doch es ist unüberhörbar, dass er sich darüber sehr freut. (mz)