Neue ICE-Strecke vor Eröffnung Neue ICE-Strecke Berlin-München vor Eröffnung: Wirtschaft und Wissenschaft hoffen auf Aufschwung

Halle (Saale) - Mehr Kongresse, mehr Touristen, mehr Investitionen: Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im südlichen Sachsen-Anhalt erhoffen sich von der neuen ICE-Schnellfahrstrecke Berlin-München, die am Freitag eröffnet wird, einen Aufschwung für die Region.
Die Trasse sei für den Landessüden „ein großer Gewinn“, sagte Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) der MZ. Die Region Halle werde damit ihre Attraktivität als Arbeits- und Wohnort erhöhen.
Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen werde es leichter fallen, hochqualifizierte Fachkräfte zu gewinnen.
Von drei der größten Städte Deutschlands aus ist Halle künftig per Bahn in kurzer Zeit erreichbar. Von Berlin brauchen die schnellsten Züge nur etwas mehr als eine Stunde, von Frankfurt (Main) zwei Stunden und 45 Minuten. Auf diese Spanne verkürzt sich auch die Fahrzeit München-Halle, gut zwei Stunden weniger als derzeit.
Davon will auch die hallesche Martin-Luther-Universität profitieren. „Wir erwarten, dass es leichter wird, große Tagungen zu gewinnen und durchzuführen“, sagte der Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Prof. Michael Bron. Damit werde die Uni auch für überregionale Kooperationspartner aus der Industrie attraktiver.
Neue ICE-Schnellstrecke: Wird Halle als Kongress-Stadt attraktiver?
Für große Kongresse fehlen in Halle bisher allerdings die passenden Räume. Die Stadtverwaltung plant in der Nähe des Hauptbahnhofs deshalb ein Hotel- und Kongresszentrum mit 1 400 Plätzen im größten Saal. In den nächsten sechs Monaten solle das Projekt auf Wirtschaftlichkeit geprüft werden, sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) der MZ.
Aus Sicht der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) können mit der neuen Trasse nicht nur Tagungsteilnehmer, sondern auch mehr Besucher in die Region gelockt werden.
Der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Reinhard Schröter sieht die Chance, „mehr Städtereisende für Halle zu interessieren und Werbung für unsere Reiseregion insgesamt zu machen“. Die Stadt plant nach eigenen Angaben spezielle Werbemaßnahmen unter anderem in Zügen und auf Bahnhöfen.
Der Präsident des halleschen Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH), Reint E. Gropp, fordert mehr. Halle brauche eine Kampagne, um sein Image zu verbessern, sagte Gropp der MZ. „Sonst wird hier auch künftig niemand aussteigen.“
Die schnelle Anbindung werde nur funktionieren, wenn Halle es schaffe, die alten Bilder von Armut und kaputter Chemie-Industrie „aus den Köpfe zu tilgen“, sagte der IWH-Präsident. Diese stimmten zwar nicht, seien bei vielen Auswärtigen aber fest verankert.
Skeptisch bewertet Gropp die Pläne, Halle zum Kongress-Standort auszubauen. „Viele Städte stehen da in einem unglaublichen Wettbewerb“, so der Wirtschaftsforscher, „ich bin nicht sicher, ob das der richtige Weg ist.“ Dafür müsse es auch mehr Hotels geben, das sei bisher aber nicht der Fall.
Nach Angaben der Stadt verfügt Halle derzeit über 2 000 Hotelbetten. Dies sei verglichen mit konkurrierenden Städten „eher gering“, räumte Stadtmarketing-Chef Stefan Voß ein. Bis 2019 kämen aber knapp 200 Betten hinzu, außerdem gebe es Anfragen weiterer Hotel-Investoren. Kommentar Seite 6