Negativzinsen Negativzinsen: Sparkasse Leipzig erhebt Strafzinsen auf Geldanlagen

Halle (Saale)/Leipzig - Das Phänomen der Negativzinsen breitet sich aus: Als erstes großes Kreditinstitut in Mitteldeutschland erhebt nun die Sparkasse Leipzig Strafzinsen auf Geldanlagen. Seit Jahresanfang müssen Unternehmen mit einem Geschäftsgirokonto für Guthaben von mehr als 500.000 Euro einen negativen Zins von 0,4 Prozent auf diese zahlen.
Nur wenige Kunden in Leipzig sind betroffen
Ab Februar gilt das auch für Einlagen von Kommunen und kommunalen Unternehmen. Laut Sparkasse sind von der Änderung nur einige hundert der insgesamt 33.000 Geschäftskunden betroffen.
Der Schritt könnte jedoch zu einem Dominoeffekt in der Region führen. Auch die Saalesparkasse im Süden Sachsen-Anhalts schließt die Einführung von Strafzinsen nicht aus. Auf MZ-Anfrage teilte das Institut mit: „Wir beobachten die Situation um uns herum. Sollte der Wettbewerb mit Negativzinsen operieren, könnten wir uns dem aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf Dauer nicht entziehen.“ Offenbar fürchtet das hallesche Institut, dass Firmen und Kommunen, die bisher Kunden bei der Sparkasse Leipzig waren, künftig ihr Geld nach Halle tragen könnten. Kurz gesagt: Die Geldhäuser haben Angst, mit Geld überschwemmt zu werden.
Als Grund für die Situation wird die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) genannt. Die deutschen Banken, die überschüssiges Geld bei der EZB parken, müssen dafür seit März 2016 eine Gebühr von 0,4 Prozent zahlen. Diese Kosten werden nun an die Kunden weitergereicht. Die EZB will mit der Gebühr eigentlich erreichen, dass Banken und Sparkassen mehr Geld verleihen und so die Wirtschaft ankurbeln. Doch das passiert nur teilweise.
Die Sparkasse Leipzig beispielsweise verwaltet Kundeneinlagen in Höhe von sieben Milliarden Euro. Das Kreditgeschäft - obwohl es ausgeweitet wurde - beläuft sich nur auf vier Milliarden Euro. „Wir legen einen Teil der Gelder unserer Kunden selbst wieder an“, erläutert Sparkassen-Sprecher Frank Steinmeyer die Situation. Doch bei der EZB ist das nicht mehr lukrativ. Das Geschäftskonzept der hiesigen Institute funktioniert nicht mehr wie gewohnt. Neben den Strafzinsen werden daher auch die Gebühren für das Konto erhöht.
Kein Aufschrei aus der Wirtschaft
Als erste Bank in Sachsen-Anhalt hatte die vergleichsweise kleine Volksbank Stendal im Oktober 2016 einen Strafzins von 0,4 Prozent eingeführt. Dieser gilt für vermögende Kunden mit mehr als 100.000 Euro an kurzfristigen Einlagen. Die Volksbank Niederschlesien aus Görlitz erhebt „Verwahrentgelte“ sogar bei Kleinsparern.
Wer einen Aufschrei aus der hiesigen Wirtschaft erwartet, sieht sich aber getäuscht. So teilt Thomas Hofmann, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, der MZ ganz nüchtern mit: „Die Banken und Sparkassen passen wie alle Unternehmen ihre Geschäftsmodelle den jeweiligen Marktgegebenheiten an – und letztendlich entscheidet der Kunde.“
(mz)