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Modeszene Modeszene: Glamour und Mühsal der Modeschaffenden

Von Steffen Höhne und Antonie Städter 10.07.2015, 06:21
Modenschau zum 100-jährigen Jubiläum der Kunsthochschule Burg Giebichenstein
Modenschau zum 100-jährigen Jubiläum der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Bauer Lizenz

Berlin/Halle (Saale) - Da sind sie wieder: die schrägen Vögel und die in Schale geworfenen Promis, die Blogger und Fashionistas. Es ist Modewoche in Berlin. Das bedeutet nicht nur, dass der Glamourfaktor oder zumindest die Zahl der abgefahrenen Outfits auf den Straßen steigt. Sondern auch, dass etliche Medienvertreter und Einkäufer bei den Laufstegschauen und Modemessen vor Ort sind, um sich bei etablierten Marken und Jung-Designern nach den Trends für die Frühjahr-Sommer-Saison 2016 umzusehen. Hier trifft sich die deutsche und internationale Modeszene - und: Hier werden Geschäfte gemacht. Über 3.000 Marken präsentieren sich bei dem bis heute laufenden Spektakel.

Erfolg von Designer abhängig

„Es ist wichtig, dass man bei der Fashion Week vertreten ist“, meint etwa die in Halle ansässige Mode-Designerin Anne Trautwein, die mit der neuen Kollektion ihres für innovative Materialien und puristisches Design bekannten Labels Luxaa am Donnerstagabend beim „Lavera Showfloor“ vertreten war. Natürlich bedeute solch eine Laufstegschau einen beachtlichen Aufwand, sagt die 33-Jährige. Doch: „Die Fashion Week bringt auch PR, denn es sind nicht nur die Händler vor Ort, sondern man kann die Kollektion auch vor der Presse, Prominenten und letztlich den Endkunden präsentieren.“

Sich langfristig am Markt zu behaupten und eine Marke aufzubauen, ist allerdings schwer. „In Berlin gibt es unglaublich viele kreative Ideen, allerdings fehlt etlichen Designern das Geld und das wirtschaftliche Wissen, um ein Label zu entwickeln“, sagt Thomas Rasch, Hauptgeschäftsführer vom Modeverband „German Fashion“.

Nach seinen Worten ist der Erfolg von den Unternehmen stark von „genialen Köpfen“ bestimmt. Als positives Beispiel dafür steht etwa Wolfgang Jassner. Der Unternehmer startete 1993 die Modefirma Bruno Banani für Herren-Unterwäsche. Durch spektakuläre Werbeaktionen wie eine Unterhose im All gelang es der Chemnitzer Firma, bekannt zu werden. Heute erwirtschaftet sie einen Markenumsatz von mehr als 100 Millionen Euro. Umgekehrt geriet das bayerische Mode-Unternehmen Strenesse 2014 in eine finanzielle Schieflage. Die Designerin Gabriele Strehle machte die Marke seit den 70er Jahren groß. Auch nach ihrem Ausscheiden wurde die Expansion fortgesetzt - allerdings nicht mehr so erfolgreich.

Zehn bis 15 neue Unternehmen im Jahr

Nach Angaben von Rasch treten jedes Jahr zehn bis 15 Unternehmen dem Modeverband neu bei. Nachwuchssorgen hat die Modeindustrie also nicht.

Dafür bekommen allerdings immer mehr Mittelständler Absatzsorgen. Etwa 35 Prozent der in Deutschland verkauften Bekleidung stammt von deutschen Herstellern. Nur noch ein kleiner Teil, etwa fünf Prozent von diesen, fertigt auch hierzulande. In der Vergangenheit haben die Modefirmen ihre Kleider, Hosen und Mäntel vor allem über Fachhändler und Warenhäuser verkauft. Beide stehen durch den Erfolg von Online-Händlern unter Druck. Die Modefirmen können ihre Waren zwar auch über eine eigene Web-Präsenz an den Kunden bringen, doch dies kostet auch Geld.

Zudem fehlt vielen Herstellern eine starke Marke. Hugo Boss, Tom Tailor, Joop, Gerry Weber und Jil Sander zählen zu den bekanntesten Labels. Erfolgreiche Firmen wie Liebeskind und Lala Berlin sind schon weniger bekannt.

Der deutsche Modeverband schätzt den jährlichen Umsatz der deutschen Hersteller insgesamt auf zwölf bis 15 Milliarden Euro. Die Branche beschäftigt etwa 30 000 Mitarbeiter. Die Umsätze waren zuletzt stabil, doch die Marktanteile sinken.

Vor allem große Modeketten wie H&M und Zara dringen in immer neue Modebereiche vor. Sie wollen weg vom Billigkleidung-Image und engagieren dafür internationale Designer, die Sonderkollektionen für die Häuser gestalten. Mehrmals pro Jahr wechselt die Kollektion, die Trends schnell aufgreift.

Nicht nur die Größe zählt

Die deutschen Hersteller punkten nach Auffassung von Verbandschef Rasch vor allem mit ihrem guten „Preis-Leistungs-Verhältnis“. So ist das schwäbische Familienunternehmen Digel einer der größeren Anzughersteller in Europa. Verkauft werden die schmucken Herren-Anzüge weniger über den Namen als ihre Qualität.

Auch viele kleine Unternehmen arbeiten erfolgreich. Die 2001 gegründete Modefirma Blutsgeschwister setzt auf außergewöhnliche Mode - meist im Retro-Style. Die Stuttgarter Firma besitzt inzwischen 13 Läden in Deutschland und beliefert hunderte Händler.

Doch selbst das ist vielen jungen Modemachern zu groß. Sie kreieren ihre Kleidung, seien es Abendkleider oder sportliche T-Shirts, selbst und verkaufen diese im eigenen Laden. Die Labels sind dann meist nur in einer oder zwei Großstädten bekannt, besitzen dort aber eine treue Kundschaft. Erfolg hängt in der Mode daher nicht immer von Größe ab.