Mit PIN-Code zum Arzt - Die elektronische Gesundheitskarte
Heppenheim/Erkrath/dpa. - Alle medizinischen Daten auf einen Blick - das kann Ärzten und Patienten bei der Behandlung helfen. Deshalb soll die Krankenversicherungskarte digital werden.
Auf einem Chip werden dabei Angaben über eine Medikamentenunverträglichkeit, über Impfungen und Allergien gespeichert. Auch ein Foto des Versicherten soll die elektronische Gesundheitskarte (eGK) tragen. Die einst zum April geplante Einführung zieht sich allerdings hin.
Wann Patienten von der neuen Technik profitieren können, steht nach Ansicht von Patienten- und Ärzteverbänden weiter in den Sternen. Zwar soll die Chipkarte laut dem Bundesgesundheitsministerium in Berlin im April starten. «Aber im Moment ist nicht sicher, was wann, wie und wo realisiert wird oder werden kann», sagt Wolfram Candidus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) in Heppenheim (Hessen). «Die laufenden Pilotprojekte werden noch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen.»
Denn die Pilotprojekte - nach Regionen in Schleswig-Holstein und Sachsen gibt es derzeit einen Testlauf in Baden-Württemberg - hätten technische Probleme zutage gefördert. «Pleiten, Pech und Pannen», lautet zum Beispiel das Fazit von Martin Grauduszus, Präsident der Freien Ärzteschaft aus Erkrath (Nordrhein-Westfalen). Dass die Ärzte das Vorhaben grundsätzlich kritisieren, verwundert nicht. Denn für die Praxen sind Einführung und Handhabung der neuen Karte mit enormem Arbeitsaufwand verbunden.
Grauduszus spricht von durchschnittlich 27 Stunden Mehrarbeit pro Monat für den Arzt - insbesondere wegen des elektronischen Rezepts, das das Papierrezept ersetzen soll. Denn Patienten sollen künftig nur noch mit ihrer Chipkarte zur Apotheke gehen müssen. Der Apotheker ruft die Verordnung elektronisch ab und prüft gegebenenfalls auch Arzneimittelrisiken wie Unverträglichkeiten. Unter Umständen gibt der Arzt dem Versicherten zusätzlich einen Papierbeleg mit, der den Namen des Medikaments, Angaben zur Dosierung und Einnahmehinweise enthält.
Die Vorteile der Datenspeicherung an einem Ort liegen auf der Hand. So muss ein Patient zum Beispiel bei einem fremden Arzt oder in der Klinik nicht mehr seine gesamte Krankengeschichte erzählen. Kritiker befürchten dagegen Datenmissbrauch. «Mit der neuen Karte lassen sich zum Beispiel alle Medikamente speichern, die der Versicherte einnimmt», sagt Uljana Klein von der Kaufmännischen Krankenkasse KKH in Hannover. «So können mögliche Arzneimittelunverträglichkeiten schnell erkannt und eher vermieden werden.»
Aber auch Informationen über Operationen oder chronische Erkrankungen stehen den Medizinern künftig auf einen Blick zur Verfügung. Beim Einlesen der Karte in der Arztpraxis wird zudem online geprüft, ob überhaupt eine Versicherung besteht, sagt Klein. Denn wie bisher werden auf der eGK auch Daten wie Versichertennummer, Name und Adresse gespeichert. Dafür müssen sich Patienten künftig eine weitere PIN-Nummer merken.
Wie bei der EC- oder Bankkarte soll der persönliche Code verhindern, dass jemand anderes die Karte nutzen kann. Wer die PIN vor Ort nicht erinnert, braucht sich aber keine Sorgen zu machen: Die Ärzte müssen den Patienten trotzdem behandeln. Da die neue Chipkarte erst nach und nach eingeführt wird, rät Martin Grauduszus, die alte Karte stets dabei zu haben.
Denn erkennt das neue Lesegerät in der Praxis die eGK nicht, können Versicherte während der Übergangzeit auch noch mit der alten Karte behandelt werden. Wann die Umstellung erfolgen soll, erfahren Versicherte rechtzeitig von ihrer Krankenkasse - bislang empfiehlt das Ministerium, auf Post zu warten.
Informationen: Eine kostenlose Broschüre zur elektronischen Gesundheitskarte gibt es beim Bundesgesundheitsministerium (Bestellnummer: BMG-G-07016). Sie kann auf «bmg.bund.de» in der Rubrik «Publikationen» unter «Gesundheit» heruntergeladen werden.
INFO: Datenschutz für die neue Gesundheitskarte
Für das Erheben, Verarbeiten und Nutzen ihrer medizinischen Daten müssen Patienten ihr Einverständnis geben. Die elektronische Gesundheitskarte ist daher laut dem Bundesgesundheitsministerium in Berlin so konzipiert, dass Versicherte einzelne Daten für den Zugriff freigeben, sperren oder löschen können. Die Kassen haben nicht das Recht, alle Daten einzusehen.
Broschüre des Bundesgesundheitsministeriums (Rubrik «Publikationen» unter «Gesundheit») : www.bmg.bund.de
Infos rund um die Gesundheitskarte: www.die-gesundheitskarte.de