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Investorengespräche Mifa: Kündigungen als Rettung für Fahrrad-Hersteller aus Sangerhausen?

Von Karl-Heinz Klarner und Steffen Höhne 29.06.2017, 10:00
Lucas Flöther
Lucas Flöther Sven Döring

Sangerhausen - Für den von Zerschlagung bedrohten insolventen Fahrradhersteller Mifa-Bike aus Sangerhausen zeichnet sich offenbar eine Rettung in letzter Sekunde ab. Den verbliebenen 130 Mitarbeitern wird aber trotzdem gekündigt. Das sei eine vorsorgliche Maßnahme, um bei einem möglichen Scheitern der Verhandlungen mit einem neuen Interessenten alle Fristen zu wahren, sagte Insolvenzverwalter Lucas Flöther am Mittwoch.

Insolvenzverwalter Lucas Flöther entlässt vorsorglich die verbliebenen Mifa-Mitarbeiter

Demnach gebe es im Verkaufsprozess für das Traditionsunternehmen Fortschritte. „Die Investorengespräche kommen gut voran, und wir sind zuversichtlich, in absehbarer Zeit einen Kaufvertrag mit einem Investor schließen zu können“, sagte Flöther ohne konkrete Namen nennen zu wollen. Es handele sich jedoch nicht um die beiden bekannten Bieter, hieß es. Bisher hatten Alt-Eigentümer Heinrich von Nathusius und die bayerische Unternehmerfamilie Puello über einen Einstieg verhandelt. Mit den beiden werde aktuell nicht mehr gesprochen.

Allerdings dauern die Verhandlungen mit dem neuen Interessenten über den 30. Juni hinaus an. Deshalb habe man den Mifa-Mitarbeitern am Mittwoch mitgeteilt, dass ihre Arbeitsverhältnisse zur Wahrung der Fristen noch in dieser Woche gekündigt werden müssen. Diese Kündigungen erfolgten vorsorglich. Sobald der Kaufvertrag geschlossen sei, beabsichtige der Investor, alle 130 Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, so Flöther. Hintergrund der Kündigungen zum Monatsende ist eine Frist der Gläubiger. Sie gaben Flöther nur bis zu diesem Freitag Zeit, um eine Investorenlösung für den Fahrradbauer zu präsentieren. Bis zum Ablauf der Frist werde es aber noch kein Verhandlungsergebnis geben, so der Insolvenzverwalter.

Mifa-Produktion soll nach dem 1. Juli normal weiterlaufen

Verhalten optimistisch geben sich Mifa-Betriebsrat und IG Metall. „Der Erhalt der Kündigungen jetzt ist natürlich ein Ärgernis. Jedoch schauen wir nach vorne und hoffen, dass nun eine Lösung zum Erhalt der Mifa gefunden wird“, sagte Steffen Röske, stellvertretender Betriebsratsvorsitzende des Fahrradbauers. Wichtig sei, dass den Beschäftigten zeitnah eine konkrete Lösung präsentiert werde und somit die Ungewissheit weiche. „An dieser Lösung wird momentan intensiv gearbeitet. Wir brauchen ein nachhaltiges Konzept, damit die Mifa und vor allem die Beschäftigten eine langfristige Zukunft in Sangerhausen haben“, so Gewerkschaftssekretär Michael Perner.

Die Mitarbeiter würden angesichts der neuen Situation nach Erhalt der Kündigungen nicht freigestellt. Die Produktion laufe nach dem 1. Juli normal weiter. Alle georderten Räder würden ohne Unterbrechung oder Verzögerungen produziert und ausgeliefert. Dies gelte auch für die Zeit nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags.

Bei dem potenziellen Erwerber handele es sich um einen strategischen Investor, der erst kurzfristig in den Investorenprozess eingetreten sei. Dieser habe sein ernstes Interesse an einer Übernahme des Geschäftsbetriebs unter anderem dadurch bekundet, dass er selbst in nennenswerten Stückzahlen Mifa-Fahrräder bestellt und damit einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Produktion geleistet habe. Um wen es sich dabei handelt, sagte Flöther nicht. Darüber sei Stillschweigen vereinbart worden. Nach MZ-Informationen will der Investor wieder mit dem Unternehmen in die ungenutzten Hallen am alten Standort in der Sangerhäuser Innenstadt ziehen. Diese gehören dem Landkreis Mansfeld-Südharz. Der Prozess soll bis Ende August abgeschlossen sein.

Damit würde die neu gebaute Produktionsstätte am Stadtrand wieder frei. Diese gehört Heinrich von Nathusius, der sich zuletzt auch für einen erneuten Kauf der Mifa stark gemacht hatte. Das neu gebaute Werksgelände ist nicht Teil der Insolvenzmasse. Der Bau hat etwa 17 Millionen Euro gekostet und wurde zum großen Teil durch Kredite und staatliche Zuschüsse finanziert. Mehr als 900.000 Euro Förderung soll der Unternehmer nun an das Land Sachsen-Anhalt zurückzahlen, weil die zugesicherten 500 Arbeitsplätze nicht erhalten blieben. Von Nathusius könnte die Hallen auch an Logistik-Unternehmen oder andere Industriefirmen verkaufen oder vermieten. Ob dadurch jedoch die Baukosten wieder eingespielt werden können, ist offen.

(mz)