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Manager Siegfried Bülow Manager Siegfried Bülow: Von Barkas über VW zu Porsche

Von Steffen Höhne 10.02.2014, 20:50
Siegfried Bülow ist vom in Leipzig produzierten Geländewagen Cayenne begeistert. Privat fährt er einen weißen Cayenne Diesel mit 385 PS.
Siegfried Bülow ist vom in Leipzig produzierten Geländewagen Cayenne begeistert. Privat fährt er einen weißen Cayenne Diesel mit 385 PS. Andre Kempner

Leipzig/MZ - Nein, von Porsche hat Siegfried Bülow als Junge nicht geträumt. In seinem Kinderzimmer im damaligen Karl-Marx-Stadt hing ein Foto eines Ford Mustang. Mit diesem hätte er sicher gerne ein paar Runden gedreht. Doch als er älter wird, wird er auch realistischer. Sein Traumauto hieß lange Zeit „Barkas“, erzählte er einmal. Sein erstes Auto war ein gebrauchter Trabant. Dass er heute einer der dienstältesten Werkschefs in der deutschen Automobilwirtschaft ist und dass ein Sachse an führender Stelle daran beteiligt war, dass Porsche nun auch sächsisch ist, fällt auch in die Kategorie traumhaft.

500 Millionen Euro investiert

Die offizielle Einweihung der neuen Macan-Fabrik in Leipzig ist für den 62-Jährigen ein Höhepunkt seiner Karriere. Zum Festakt reist Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an. Die mächtigen Herren von Porsche und VW mit Ferdinand Piëch, Wolfgang Porsche, Matthias Müller und Martin Winterkorn werden anwesend sein. Denn in Leipzig läuft nicht nur ein neues Modell vom Band. Die Werkserweiterung, die 500 Millionen Euro kostete, ist die bisher größte Einzelinvestition in der Geschichte des Sportwagenbauers. Dadurch hat sich die Belegschaft mehr als verdoppelt. Dass dies alles reibungslos verläuft, ist auch Bülows Verdienst.

Auf das Wort „auch“ würde er gesonderten Wert legen. Denn der Werkschef betont immer wieder: „Automobilbau ist ein Mannschaftsspiel.“ Er hat dieses von der Pike auf gelernt. In den Barkas-Werken in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) lernt Bülow Werkzeugmacher. Er studiert berufsbegleitend Maschinenbau und bringt es über verschiedene Produktions-Abteilungen noch 1989 zum Betriebsdirektor beim Kleintransporter-Hersteller. Nach der Wende wird er Chef der Motorenfertigung von VW Sachsen. In Wolfsburg erkennt man sein Talent schnell und holt ihn 1992 in die Zentrale. In den folgenden Jahren ist er unter anderem für die Produktion des Kleinwagens Lupo verantwortlich.

Nach eigenen Worten verblüfft ist Bülow gewesen, als ihn 1999 ein Headhunter anrief und fragte, ob er sich für einen namhaften Automobilbauer den Aufbau einer neuen Produktion in Sachsen vorstellen könnte. Bülow konnte. Der damalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking lässt nach einem Werkschef auch im Revier des Konkurrenten VW fahnden. Der Sachse Bülow überzeugt und soll Identität stiften. Im Jahr 2000 steht er auf einem grünen Feld unweit des Flughafens Leipzig/Halle als Mitarbeiter Nummer elf der Porsche Leipzig GmbH. Der Bau eines Geländewagens und der neue Standort ist für die Sportwagen-Schmiede aus Stuttgart-Zuffenhausen ein Experiment - der Erfolg keineswegs gewiss.

Bereits 2002 geht die Produktion des Cayenne in Serie. Leipzig mit damals nur knapp 300 Mitarbeitern arbeitet zunächst nur als Montagewerk. Die Hauptkomponenten wie Motoren, Antriebsstrang und Karosserie werden zugeliefert. Bülows sächsisches Ingenieursteam überzeugt allerdings schnell. Bereits 2003 dürfen sie die limitierte Serie des Carrera GT bauen. Vier Jahre nach dem Start wird die erste Erweiterung beschlossen. Leipzig erhält den Zuschlag, die Sportlimousine Panamera zu fertigen. Bei der Entwicklung des Werkes lässt die Stuttgarter Zentrale Bülow viel Entscheidungsfreiheiten. Und der Werksleiter lässt seine Tür für seine Mitarbeiter offen. „Wer Anregungen oder ein Problem hat, kann zu mir kommen“, sagt er. Dies sei, gerade wenn man selbst konzentriert arbeiten will, mitunter anstrengend. Doch, sagt er, das „Management ist nur Dienstleiter. Die Mitarbeiter schaffen die Werte.“

Diese Einstellung überzeugte offenbar auch das VW-Management. Nach der Übernahme von Porsche durch Volkswagen im Jahr 2011/2012 bleibt Bülow Werkschef und wird damit beauftragt, Leipzig zum vollwertigen Automobilstandort auszubauen. Für den kleinen Geländewagen Macan werden auf dem 17 Hektar großen Gelände unter anderem eine neue Montage- und Karosseriebauhalle sowie eine Lackiererei errichtet. Werkhallen und Maschinen könne man nach Plan errichten sagt Bülow. „Die Integration von 1.000 neuen Mitarbeitern ist die größere Herausforderung.“ Aus mehreren zehntausend Bewerbungen wurden diese ausgewählt und über Monate geschult. Die neue Produktion soll reibungslos anlaufen. Denn teilweise frei und eigenständig ist ein jeder Werkschef nur so lange von den Konzernzentralen, solange alles reibungslos funktioniert.

Faible für Kabarett und Oper

Bülow ist mehr als nur oberster Leipziger Porsche-Autobauer. Er ist auch Repräsentant. Mit der Wahl eines Sachsen zum Werkschef wollte Porsche eine enge Verbindung in die Region schaffen. Dies ist gelungen. Porsche unterstützt heute die Leipziger Jugendwerkstatt „Garage“, wo ein Sportwagen aufgebaut werden kann, und sponsert unter anderem das Gewandhaus und den Opernball. Und so ist Bülow öfter auf der Lokal- als auf der Wirtschaftsseite der Regionalzeitungen zu finden. Auch privat besucht er gerne Kabarett und Oper und sympathisiert „ein bisschen mit RB Leipzig“. Er hofft, dass die Fußball-Mannschaft aufsteigt. Dies würde auch die Wirtschaft der Region voranbringen. So wie Porsche es getan hat und weiter tun wird. Auch mit der Macan-Produktion steht auf dem riesigen Werksgelände mit angeschlossener Rennstrecke noch viel freie Fläche zur Verfügung. Auerochsen weiden darauf. Platz genug für weitere Baureihen.

Porsche Macan
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