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Listerien-Bakterien im Käse? Listerien-Bakterien im Käse?: Supermarkt-Ketten von Lebensmittel-Rückruf betroffen

Von Steffen Höhne 09.11.2013, 09:01
Die Käseproduktion bei DMK erfolgt weitgehend automatisiert.
Die Käseproduktion bei DMK erfolgt weitgehend automatisiert. DMK Lizenz

Halle/MZ - Mitte der Woche schreckte der Molkereiriese Deutsches Milchkontor (DMK) die Verbraucher auf. Käse aus dem niedersächsischen Werk Georgsmarienhütte wurde vorsorglich zurückgerufen, da er mit Listerien-Bakterien verseucht sein könnte. Die Liste der betroffenen Supermarkt-Ketten ist lang: Edeka, Real, Kaiser’s-Tengelmann, Kaufland, Lidl und Netto. Die Verbraucherschutz-Organisation Foodwatch lobt das Vorgehen von DMK: „Es ist absolut richtig, dass der Käse umgehend vom Markt genommen wurde“, sagt Lebensmittelexperte Matthias Wolf-Schmidt von Foodwatch. Listerien können gerade für Schwangere, kleine Kinder oder ältere Menschen lebensgefährlich sein.

Sechs Handelsketten betroffen

Der Fall wirft aber auch ein Schlaglicht auf die zunehmende Konzentration in der Nahrungsmittelindustrie. Sechs Handelsketten waren betroffen, die den gleichen Käse mit Mindesthaltbarkeitsdatum zwischen Ende Dezember und Mitte Januar von DMK unter verschiedenen Namen verkauft haben. Bei Edeka hieß er etwa „Mibell Gouda“, bei Kaisers’s-Tengelmann „Star Marke Gouda“, bei Netto „Gutes Land Gouda“, bei Real „Real Quality Gouda“. Ähnliches gilt für die Sorten Mozzarella, Emmentaler und Pizzakäse. „Die Markenvielfalt, die der Verbraucher im Supermarkt vorfindet, gibt es in dieser Form nicht“, sagt Wolfschmidt. Für die Kunden sei dies häufig jedoch nicht zu erkennen, da der Hersteller häufig nicht genannt werde. Gesetzlich sei nur vorgeschrieben, dass es einen Produktverantwortlichen gibt. Häufig würden die Handelsketten eigene Vertriebsgesellschaften als Produzent auf die Verpackungen drucken.

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Die Konzentration in der Molkerei-Branche hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Laut Milchindustrie-Verband gab es 2012 etwa 100 Unternehmen mit 163 Betrieben. Zum Vergleich: Im Jahr 1991 hat es noch über 500 Betriebsstätten gegeben.

In Sachsen-Anhalt beispielsweise verschwanden in den vergangenen Jahren zwei Molkereien. DMK gab den Betrieb in Magdeburg auf, die Harzmolkerei in Wernigerode wurde geschlossen. Die große Molkerei „Burgenlandkäserei Bad Bibra“ (Burgenlandkreis) schlüpfte unter das große Unternehmensdach von DMK.

Der mit Abstand größte deutsche Milchkonzern DMK entstand 2011 durch die Fusion der Genossenschaften Nordmilch und Humana. In der Folge gab es weitere Zusammenschlüsse. „Es ist abzusehen, dass dieser Prozess auch in den kommenden Jahren anhalten wird“, sagt Milchindustrie-Verbands-Sprecher Björn Börgermann. Zum einen würden größere Einheiten oft eine effizientere Produktion ermöglichen, zum anderen sei eine gewisse Marktstärke wichtig bei Verhandlungen mit den Handelsketten. Nach Worten von Börgermann sind 60 Prozent der Firmen genossenschaftlich organisiert. Das heißt, die Eigentümer sind zumeist die Milchproduzenten, die Bauern. Im europäischen Vergleich sind selbst die deutschen Branchenführer DMK und Müller klein. Der Schweizer Konzern Nestlé kommt auf einen Milchumsatz von 21,2 Milliarden Euro. Die Franzosen Danone und Lactalis auf 12,3 beziehungsweise 9,1 Milliarden Euro.

Deutsche Bauern sind der sechstgrößte Produzent

Dennoch ist Deutschland ein großes Milchland. Die hiesigen Bauern sind der sechstgrößte Produzent weltweit. Nur in Indien, den USA, Pakistan, Brasilien und China wird mehr Milch produziert - doch diese Länder sind auch bedeutend größer. Etwa 45 Prozent der deutschen Milch werden etwa in Form von Käse oder Milchpulver exportiert. So ist deutsches Babymilchpulver wegen hoher Qualität in China gefragt. Umgekehrt importiert Deutschland große Mengen von Käse etwa aus Frankreich und Italien. Insgesamt werden in Deutschland etwa zehn Prozent mehr Milchprodukte hergestellt als verbraucht.

Gerade im Norden und Süden des Landes gibt es noch viele große mittelständische Molkereien wie Zott und Ehrmann, die durch ihre Marken bekannt sind. Doch die Werbung für die eigenen Produkte ist teuer. Viele Marken-Hersteller produzieren daher zunehmend auch sogenannte Handelsmarken für die Supermarkt-Ketten. Nach Ansicht von Foodwatch-Experte Wolfschmidt haben die Verbraucher bei Molkerei-Produkten verglichen mit Ländern wie Frankreich und Dänemark noch eine eine große Auswahl von verschiedenen Herstellern. „Doch diese geht auch hierzulande zurück.“