Lebenshaltungskosten Lebenshaltungskosten: Trotz aller Krisen fällt der Ölpreis
Berlin - Gute Nachrichten für die Verbraucher: Im Juli lag die Inflationsrate in Deutschland nur noch bei 0,8 Prozent nach einem Wert von 1,0 Prozent im Vormonat. Weniger zahlen als vor einem Jahr mussten Verbraucher nach Berechnungen der Statistiker im Sommermonat Juli für Obst (minus 4,8 Prozent) und Gemüse (minus 7,7 Prozent). Teurer waren Molkereiprodukte (plus 8,7 Prozent). Insgesamt blieben die Nahrungsmittelpreise mit plus 0,1 Prozent in etwa stabil.
Schwacher Weltmarktpreis für Öl
Größere Preisanstiege gab es bei Dienstleistungen. Dort lagen die Preise im Juli vor allem wegen höherer Nettokaltmieten um 1,5 Prozent über dem Vorjahresniveau. Billiger geworden ist hingegen abermals Energie – Mineralölprodukte kosteten fast vier Prozent weniger als vor einem Jahr, leichtes Heizöl sechs Prozent weniger, Kraftstoffe immerhin drei Prozent. Ein Grund dafür ist der schwache Weltmarktpreis für Erdöl. Das ist jedoch überraschend. Denn Gründe für höhere Ölpreise gibt es genug: die Krise in der Ukraine und Russland, der Vormarsch des Islamischen Staates im Irak, der Einmarsch Israels in Gaza und die politischen Unruhen in Libyen. Dass der Ölpreis dennoch nicht nach oben schießt und das Tanken auch hierzulande teurer macht, liegt vor allem an den USA.
Normalerweise führen politische Konflikte gerade im Nahen Osten dazu, dass Öl teurer wird. So ließen im Jahr 2008 die Sanktionen gegen den Iran das Fass der Ölsorte Brent auf 147 Dollar steigen. Anders ist dies in der jüngsten Zeit, in der „geopolitische Risiken“ zwar die Aktienkurse fallen lassen, nicht aber das Öl verteuern. Seit Ende 2013 schwankt der Preis für die Sorte Brent zwischen 105 und 110 Dollar, nur kurz schoss er Ende Juni auf 114 Dollar. „Angesichts der Kämpfe im Irak dürfte der Preis vorerst deutlich über 110 Dollar verharren“, schrieb damals die Commerzbank. Doch jetzt ist er wieder auf 103 Dollar gefallen.
Was sind die Gründe? Zum einen ist die globale Nachfrage schwach – eine Wirkung der eher flauen Konjunktur, insbesondere in den Schwellenländern. Im ersten Quartal 2014 wuchs die Ölnachfrage so wenig wie zuletzt im Jahr 2012.
Wichtiger als der unerwartet gering steigende Ölverbrauch ist jedoch das hohe Angebot: Die Welt schwimmt in Öl. Das liegt zum kleineren Teil an der gestiegenen Förderung Saudi-Arabiens und der Tatsache, dass in Libyen zuvor von den Rebellen gesperrte Öl-Verladehäfen wieder geöffnet werden. Vor allem aber macht sich der Förderboom von Schiefergas und Schieferöl in den USA bemerkbar. Per Fracking presst Amerika immer mehr schwarzes Gold aus heimischem Gestein. Derzeit produzieren die Vereinigten Staaten so viel Öl wie zuletzt vor 27 Jahren, errechnet die Internationale Energie Agentur (EIA). Die Förderung hat seit 2008 um drei Millionen Fass pro Tag zugenommen. Die EIA erwartet, dass die Produktion von derzeit 8,5 Millionen 2015 auf 9,3 Millionen Fass pro Tag zunimmt.
Damit sinkt die Menge Öl, die Amerika auf dem Weltmarkt einkaufen muss. Noch im Jahr 2005 deckten die Einfuhren 60 Prozent des US-Bedarfs. Dieser Anteil wird laut EIA nächstes Jahr auf nicht einmal mehr 22 Prozent fallen und damit auf den niedrigsten Stand seit 1970. Amerika macht sich in Sachen Energie unabhängig von anderen Staaten. Mit ihrer Eigenförderung kompensieren die USA auch Lieferausfälle und -unterbrechungen weltweit. Für die Zeit von 2011 bis 2013 kalkuliert die EIA diese Ausfälle auf 1,5 bis 3,2 Millionen Fass pro Tag. Im selben Zeitraum stieg die US-Ölproduktion um 2,6 Millionen Fass pro Tag – unbesehen aller ökologischen Schäden, die das Fracking anrichten könnte.