Krankheit rechtzeitig dem Chef melden
Berlin/Paderborn/dpa. - Geschniefe und Geschnupfe von Kollegen ist in den Herbst- und Wintermonaten am Arbeitsplatz normal. Häufig bleibt es nicht bei einer leichten Erkältung. Wer mehrere Tage der Arbeit fernbleibt, braucht eine Krankmeldung vom Arzt.
«In der Regel muss eine Krankmeldung am dritten Krankheitstag vorgelegt werden», sagt Christian Götz von der Rechtsabteilung der Gewerkschaft Verdi in Berlin. «Regelungen dazu können sich auch im Arbeitsvertrag oder in Betriebsvereinbarungen finden.» In besonderen Fällen können Arbeitgeber außerdem ihren Mitarbeitern - abweichend von der im Betrieb üblichen Regel - aufgeben, sich immer schon am ersten Tag einer Krankheit beim Arzt eine Krankmeldung zu besorgen. «Der Arbeitnehmer muss eine solche Anweisung befolgen.»
Ratsam ist es für Angestellte in jedem Fall, sofort zum Arzt zu gehen, wenn sie im Urlaub krank werden. Denn Urlaubstage, die Arbeitnehmer wegen einer Krankheit nicht zur Erholung nutzen könnten, zählen nicht als Urlaub, sagt Götz. Allerdings müssen Arbeitnehmer nachweisen, dass sie im Urlaub krank geworden sind. Dafür benötigen sie das ärztliche Attest vom ersten Tag an.
Was gesundheitlich ratsam ist, ist auch rechtlich bindend: «Wenn ich krankgeschrieben bin, darf ich nichts tun, was die Genesung behindert», sagt Martin J. Warm, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Paderborn. Was das konkret bedeutet, hängt vom Einzelfall ab. Wenn der Arzt seinem Patienten mit auf den Weg gibt, er solle sich ins Bett legen und auskurieren, dann müsse ein Arbeitnehmer diesen Hinweis auch beherzigen. Es gebe aber Krankheiten, bei denen ein Spaziergang an der frischen Luft für die Genesung förderlich ist, sagt Warm. Das kann der Chef dann auch nicht verbieten.
Auch für Arbeitnehmer ist die Grenze schwer einzuschätzen. Denn es gibt laut Warm keine «Mindestgrenze» für Krankheiten. Ob etwa eine Erkältung für eine Krankschreibung ausreicht, müsse der Arzt entscheiden. Um diese Entscheidung treffen zu können, müsse der Arzt auch nach dem Beruf seines Patienten fragen. Zum Beispiel hindere ein Gips am Fuß häufig nicht daran, in einem Büro zu arbeiten. Offensichtlich hinters Licht führen lassen muss sich aber kein Arbeitgeber, wie Prof. Achim Lepke erläutert.
Der ehemalige Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Berlin hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein kaufmännischer Angestellter trotz Krankmeldung nach Gran Canaria in den Urlaub geflogen war. «Der Arzt hatte zwar bestätigt, dass das für die Genesung nicht unbedingt schlecht war.» Allerdings hatte der Arbeitnehmer in diesem Fall zunächst Urlaub beantragt. Und erst als ihm dieser verweigert wurde, meldete er sich für die Zeit des Urlaubs krank. Die Kündigung war auch nach Ansicht der Richter zulässig.
Ausnahmen gibt es dennoch, und in Ausnahmefällen reichen die Arbeitnehmerrechte vergleichsweise weit. So entschied das Arbeitsgericht Stuttgart, dass trotz Arbeitsunfähigkeit unter Umständen sogar ein Marathon erlaubt sein kann. Und auch ein Konzertbesuch trotz Hörsturz wurde einem Arbeitnehmer von einem Gericht schon einmal zugesprochen.