Krankenversicherung Krankenversicherung: Bund soll Beitragserhöhung durch Flüchtlingskrise deckeln

Berlin - Die gesetzlichen Krankenkassen fordern zusätzliche Bundesmittel, damit die Zuwanderung durch die Flüchtlinge nicht zu steigenden Beitragssätzen führt. Die Vorsitzende des Spitzenverbandes der Krankenkassen, Doris Pfeiffer, sagte am Donnerstag, es sei Aufgabe des Staates und nicht der Versicherten, die Mehrkosten zu decken.
Auch ohne jede Berücksichtigung der Flüchtlingskrise müssen sich die Versicherten nach Einschätzung Pfeiffers in den kommenden Jahren auf höhere Beiträge einstellen. Da die Kosten für die Gesundheitsversorgung schneller steigen als die Beitragseinnahmen, rechnet der Spitzenverband ohne gesetzliche Eingriffe für 2017 mit einem Anstieg um 0,3 Punkte auf einen durchschnittlichen Satz von erstmals 16 Prozent.
Flüchtlinge belasten Krankenversicherungen
Pfeiffer wollte sich nicht darauf festlegen, wie stark der Einfluss der Zuwanderung auf die Krankenversicherung sein wird. Dass die Flüchtlinge die Krankenkassen zunächst belasten werden, ist aber unstrittig. So wird davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung beziehungsweise nach einer 15-monatigen Wartefrist zunächst noch keinen Job haben werden und damit Hartz-IV-Leistungen bekommen.
Für Hartz-IV-Empfänger zahlt der Bund jedoch nur einen Krankenversicherungsbeitrag von monatlich 90 Euro. Dieser Betrag liegt nach allen Erwartungen deutlich unter den tatsächlich verursachten Kosten.
Zum Vergleich: Für einen gesetzlich Versicherten geben die Kassen derzeit im Monat durchschnittlich etwa 250 Euro aus. Für 2016 erhalten die Kassen durch diese Problematik nach Berechnungen des Spitzenverbandes 2,3 Milliarden Euro weniger, als der Bund eigentlich überweisen müsste.
Kosten sind nicht berechenbar
Pfeiffer sagte, es sei derzeit völlig offen, wie viele Flüchtlinge tatsächlich Hartz-IV (offiziell: Arbeitslosengeld II) bekommen werden. Auch die realen Gesundheitsausgaben seien unbekannt. Deshalb könne man die Kosten nicht seriös berechnen. „Klar ist aber, wenn es mehr Empfänger von Arbeitslosengeld II gibt, dann bedeutet das eine höhere Belastung der Krankenkassen.“
Es sei die Pflicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Lücken zu schließen. Sie kritisierte daher den Plan der Bundesregierung, für 2017 1,5 Milliarden Euro aus der Rücklage des Gesundheitsfonds zu nehmen, um damit unter anderem die Mehrausgaben für die Flüchtlinge zu bezahlen. Zwar sei es richtig, das Polster im Fonds von derzeit fast zehn Milliarden Euro abzubauen und an die Versicherten zurück zu geben, aber nicht zur Finanzierung der Zuwanderung.
Versicherungen verlangen knapp 16 Prozent
Derzeit beträgt der Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung im Schnitt 15,7 Prozent. Er setzt sich zusammen aus einem allgemeinen Beitrag in Höhe von 14,6 Prozent, den sich Versicherte und Arbeitgeber teilen. Hinzu kommt ein Zusatzbeitrag von derzeit durchschnittlich 1,1 Prozent, den allein die Versicherten zahlen müssen. Für das Wahljahr 2017 rechnet der Spitzenverband ohne Berücksichtigung der Entwicklungen durch die Flüchtlinge beim Zusatzbeitrag mit einem Plus von 0,3 Prozentpunkten, wodurch sich insgesamt ein Satz von 16 Prozent ergibt. Er könnte durch den Plan der Regierung, die Reserve des Fonds anzuzapfen, auch leicht darunter liegen.
Für die beiden Folgejahre gehen die Kassen von einem Plus von je 0,2 Punkten aus, so dass 2018 insgesamt 16,2 und 2019 16,4 Prozent zu zahlen wären. Ein Berechnungsbeispiel: Derzeit muss ein Versicherter bei einem Einkommen von 3000 Euro monatlich einen Zusatzbeitrag im Schnitt von 33 Euro zahlen. 2017 wären es dann schon 42 Euro und 2019 bereits 54 Euro.