Kraftstoffhandel Kraftstoffhandel: Mehr Café als Tankstelle
hamburg/MZ - Wo hat Aral die Nase ganz deutlich vorne? Bei Kaffee zum Mitnehmen. Jeden Tag setzt das Unternehmen im Schnitt 80 000 Heißgetränke ab. Man bleibe damit Deutschlands größter „Coffee-to-go-Anbieter“. Natürlich ist Aral auch ganz vorne dabei, wenn es um Kraftstoff geht. Die Tankstellenmarke des britischen BP-Konzerns hat sich nach einem langem Kopf-an-Kopf-Rennen endgültig gegen den Konkurrenten Shell durchgesetzt. Der Marktanteil der Blau-Weißen liegt bei 21,5 Prozent. Die Gelb-Roten kommen auf 20 Prozent. In Ostdeutschland führt der französische Konzern Total, der einst die Minol-Tankstellen übernahm.
Gewinn beim Benzinverkauf gering
Doch das mit dem Kaffee ist bezeichnend. Das große Geld wird in der Öl-Branche mit der Förderung und Verarbeitung des Rohstoffs verdient. Für den Tankstellenbetreiber bleiben unter dem Strich von einem verkauften Liter Kraftstoff nur ein bis zwei Cent übrig. Er muss sein Geld vor allem mit seinem Shop verdienen – vielfach ist das inzwischen ein Mini-Supermarkt nebst Schnellimbiss. Mächtig stolz sind die Aral-Manager denn auch, dass der Absatz belegter Brötchen, Crossinos genannt, im vorigen Jahr um 41 Prozent in die Höhe schoss. Zugleich schrumpfte der Absatz von Benzin und Diesel um drei Prozent auf 7,3 Millionen Tonnen.
Auch das ist typisch für die Branche. Rainer Wiek, Chefredakteur des Hamburger Energie-Informationsdienstes, rechnet für die nächsten Jahre mit einem „dramatischen“ Rückgang der Kraftstoffmengen, die an Tankstellen verkauft werden. Hintergrund: Die Zahl der Autos auf deutschen Straßen wird kaum noch steigen. Zugleich werden die Pkw, die unterwegs sind, immer weniger verbrauchen. Die Schlussfolgerung der Tankstellenbetreiber liegt auf der Hand. Sie werden immer mehr zu Bistro-Betreibern und Lebensmittelhändlern mit ganz besonderen Öffnungszeiten.
Noch größer, noch schicker
Aral bewegt sich genau in diese Richtung. „Qualität und Effizienz“ der Stationen sollen gesteigert werden. Die Investitionen würden dieses Jahr um 30 Prozent erhöht, teilt Aral mit, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Es geht um noch größere, noch schickere Shops am besten mit Waschstraße – einem weiteren wichtigen Nebengeschäft. Zu dieser Expansionsstrategie zählt nach Einschätzung von Insidern auch, dass sich Aral in naher Zukunft verstärkt an begehrten Standorten etwa an Ausfallstraßen großer Städte breit machen will.
Das zeigt, der Konkurrenzkampf der Tankstellenketten verschärft sich. Haben wir es bald nur noch mit den fünf großen Anbietern (Aral, Shell, Esso, Jet, Total) zu tun? Die dominieren ohnehin schon den deutschen Markt. Doch ganz so einfach ist der Kraftstoffhandel nicht gestrickt. Es gibt starke Mittelständler, die Freie Tankstellen in größerer Zahl betreiben und aufstrebende Konzerntöchter wie Orlen und Tamoil (Hem). Die haben Kostenvorteile gegenüber den Großen, da sie etwa auf Marketing verzichten, können deshalb Sprit billiger verkaufen und auch die Aufrüstung der Shops stemmen.
Kleinbetriebe verschwinden
Düster sieht es hingegen für den Kleinbetrieb mit einer oder zwei Tankstellen aus. Dessen Betriebskosten sind relativ hoch. Und es fehlt an finanzieller Kraft für die Ausweitung der Nebengeschäfte. Die Zahl der Tankstellen wird also weiter schrumpfen. Derzeit gibt es noch 14 622 Stationen, 56 weniger als vor einem Jahr.