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Konsumgüter Konsumgüter: "Lebenslänglich" kann ganz kurz sein

Von Evelyn Binder 19.09.2014, 18:45
Wann man ein Navi erneuern muss, bestimmt vor allem der Hersteller.
Wann man ein Navi erneuern muss, bestimmt vor allem der Hersteller. dpa-tmn Lizenz

Köln - Lebenslänglich – das heißt nicht zwangsläufig „ein Leben lang“. Das ist im Strafrecht nicht anders als mit vielen Dingen des täglichen Lebens. Wie lange Ikea seine vor kurzem verkündete lebenslange Rücknahmegarantie durchhält – darüber spekulieren viele Handelsexperten derzeit.

Für viele Marketingexperten ist es ein genialer Schachzug, für kühle Rechner unternehmerisches Harakiri. Gut möglich, dass Ikea bei einer Kostenexplosion wieder davon abrückt und die Garantie tilgt. Doch alle von Ende August bis zu diesem Zeitpunkt gekauften Artikel muss das Unternehmen auf Verlangen zurücknehmen, betonen Rechtsexperten der Verbraucherzentrale. Und zwar ein Kunden-Leben lang.

Die Idee ist nicht ganz neu: Es gab schon eine Reihe von Herstellern, die mit „lebenslänglich“ warben. Nur wenige halten jedoch daran fest – wie etwa der Modeversender Land’s End. Der Gedanke dahinter: Das demonstrative Vertrauen des Herstellers in seine eigenen Produkte soll möglichst viele Kunden zum Kauf animieren. Nur wenige machen sich dann üblicherweise dazu auf, nach Jahren oder gar Jahrzehnten ein abgetragenes Kleidungsstück wieder zurückzubringen.

Tupperware rudert zurück

Diese Hoffnung treibt auch Ikea an. Doch selbst Firmen, die im Marketing voll auf Langlebigkeit ihrer Waren setzen, steuern in die andere Richtung. Tupperware zum Beispiel hat schon vor längerem von „lebenslang“ auf 30 Jahre reduziert. Ausgenommen davon sind Teile, die sich durch den alltäglichen Gebrauch abnutzen. Also: viele Teile.

Auch Opel ist nach einem Rechtsstreit wegen vieler Einschränkungen bei einer versprochenen lebenslänglichen Garantie längst von seinem Werbeversprechen abgerückt. Dabei hat der Bundesgerichtshof 2008 extra klargestellt, dass Firmen durchaus mit Garantien auch über 30 Jahren werben dürfen. Das war bezweifelt worden, weil zivilrechtliche Ansprüche der Kunden nach 30 Jahren verjähren – somit würden Händler mit Garantien werben, die sie nicht erfüllen müssten. Der BGH stellte damals klar: Wenn das Produkt es hergibt, könnten Garantien länger als 30 Jahre dauern.

Damals ging es um Aluminiumdächer. Bei kurzlebigeren Produkten von heute gehen die Hersteller dazu über, das Wort „lebenslang“ einfach etwas kreativer auszulegen. Hersteller von Navigationsgeräten etwa mit ihren „free lifetime maps“, dem Angebot lebenslang kostenloser Karten-Updates also. Navi-Hersteller TomTom meint damit jedenfalls mitnichten die Lebenserwartung des Kunden, sondern die des Geräts. „Lifetime oder ein Leben lang“, das sei der Zeitraum „in dem TomTom Softwareaktualisierungen, Services, Inhalte oder Zubehör für das Gerät bereitstellt“, teilt TomTom im Kleingedruckten mit. Weiter heißt es auf der Internetseite: „Ein Gerät hat das Ende der Lebensdauer erreicht, wenn dieser Support nicht mehr besteht. Die Lebensdauer der Smartphone-App bezeichnet den Zeitraum, in dem TomTom Updates der App anbietet.“

Ähnlich verhält es sich auch bei Garmin: Beim „nüMaps-Lifetime-Abo“, das beim nachträglichen Kauf bis zu 89 Euro kostet, „erhalten Sie Karten-Updates für ein kompatibles Gerät bis zum Ende seiner Nutzungsdauer oder bis Garmin keine Kartendaten mehr von seinem Drittanbieter erhält“.

Als „Nutzungsdauer“ bezeichnet Garmin den Zeitraum, in dem das Gerät funktionstüchtig ist und ausreichende Speicherkapazitäten sowie andere erforderliche technische Funktionen zur Nutzung aktueller Kartendaten aufweist. Die Nutzungsdauer kann also jäh zu Ende gehen, wenn auf dem Navi nicht mehr genügend Speicher für neue Karten ist.

Auch beim Anbieter Falk heißt es kurz und knapp: „Erhältlich bis zum Ende der Nutzungsdauer des Produktes oder bis keine Kartendaten mehr durch Drittanbieter angeboten werden.“ Das könnte also auch gerade dann der Fall sein, wenn eine neue Gerätegeneration auf den Markt kommt.

Von Irreführung will die NRW-Verbraucherzentrale dabei nicht sprechen – pauschal unzulässig sei es nicht, so zu werben, sagt Expertin Miriam Rusch-Rodosthenous. Jedenfalls dann, wenn der Hersteller seine Auffassung von „lebenslänglich“ in der Werbung deutlich macht – wenn auch nur mit Sternchen und dem Verweis aufs Kleingedruckte. Kritik übt die Verbraucherzentrale aber daran, dass mancher Onlinehändler Lifetime-Update-Abos der Hersteller verkauft, ohne klar auf die eingeschränkte Lebensdauer hinzuweisen.

Ikea räumt seinen Kunden ein lebenslanges Rückgaberecht ein.
Ikea räumt seinen Kunden ein lebenslanges Rückgaberecht ein.
dpa Lizenz