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Kleine Gärtnereien gegen die Konkurrenz Kleine Gärtnereien gegen die Konkurrenz: Eine gefährdete Art

Von Steffen Höhne 28.03.2015, 09:49
Gärtnerei-Chef Bernd Straube prüft die Pflanzen in seinem Gewächshaus in Bad Dürrenberg.
Gärtnerei-Chef Bernd Straube prüft die Pflanzen in seinem Gewächshaus in Bad Dürrenberg. Peter Wölk Lizenz

Bad Dürrenberg - Nun sind sie wieder draußen, die Hobbygärtner. Mit Hacke und Spaten bearbeiten sie Beete vor und hinter dem Haus, holen sich schwielige Hände und Dreck unter den Fingernägeln. Bernd Straube freut dies. „Jetzt, an den ersten sonnigen und warmen Tagen, kommen die Kunden in Scharen zu uns“, sagt der Chef der Gärtnerei Straube in Bad Dürrenberg (Saalekreis). In vierter Generation führt der 43-Jährige den Familienbetrieb, der mitten in der Innenstadt liegt. 95 Prozent seiner Käufer seien Stammkunden, schätzt Straube. Viele kennt er mit Namen. Dennoch sind die Zeiten für die kleine Gärtnerei härter geworden.

Die Konkurrenz befindet sich mit einem Supermarkt nur wenige Schritte entfernt. „Der Lebensmittelhandel bietet ein immer breiteres Sortiment an Pflanzen an“, sagt Straube. Häufig dienten Sonderangebote dazu, die Kunden in die Märkte zu locken. Straubes Erfahrung bestätigt der Zentralverband Gartenbau (UVG) in Bonn. „Baumärte und Lebensmittelhändler gewinnen kontinuierlich Marktanteile hinzu“, sagt ZVG-Sprecher Nicolas Haustedt. Allein der Lebensmittelhandel erwirtschaftet bereits ein Viertel des Branchenumsatzes im Gartenbau. „Da die Unternehmen sehr große Mengen einkaufen, können sie die Pflanzen billiger anbieten“, sagt Haustedt.

Pflanzen unter Transportstress

Dies bleibt für die privaten Gärtnereien nicht ohne Folgen. Rund 4 500 Einzelgärtnereien gibt es in Deutschland nach Angaben des ZVG noch. Rund 1 000 sind in den vergangenen Jahren verschwunden. „Meist fanden die Besitzer keinen Nachfolger“, sagt Haustedt. Nach Worten von Straube gibt es in der Region die nächsten Gärtnereien erst in den Städten Merseburg und Weißenfels (Burgenlandkreis). Sein Betrieb mit fünf Angestellten hat sich auf die veränderte Marktsituation eingestellt. In einem verglasten Verkaufsraum steht ein großer Holztisch mit einem weißen Hochzeitsgedeck. Vielfältige Gestecke verzieren diesen. „Wir wollen dem Kunden ein breites Sortiment anbieten und auch Anregungen für zu Hause geben“, sagt Straube. Wenn heute eine Topfpflanze gekauft werde, dann gehöre auch ein schmucker Übertopf dazu. „Für Qualität sind viele unserer Kunden bereit, etwas mehr Geld auszugeben“, erklärt der Firmenchef.

Anders als viele Industriezweige sind Gärtnereien wenig von der konjunkturellen Lage abhängig. Nach Angaben des ZVG bewegen sich die Pro-Kopf-Ausgaben der Deutschen für Blumen stabil bei etwa 104 Euro pro Jahr. Größere Umsatzschwankungen resultieren eher aus schlechtem Wetter.

„Ein kaltes Frühjahr kann uns schon einmal einen Strich durch die Geschäftsplanungen machen“, sagt Straube. Seine Gärtnerei selbst ist nicht von der Witterung abhängig. Straubes Blumen stehen im Gewächshaus. 2 200 Quadratmeter hat der Betrieb überglast. Bei durchschnittlich 12 bis 15 Grad Celsius wachsen unter anderem Petunien, Begonien und Geranien. Durch eine intensive Arbeit wird nach seinen Worten eine „Grundqualität“ erreicht. Anders als die Beet- und Balkonpflanzen aus dem Supermarkt würden die Gewächse keinen Transportstress erleiden. „Dies kann entscheidend sein, ob eine Pflanze gut wächst oder eben nicht“, so der Garten-Experte.

Viele Blumen aus dem Ausland

„Transportstress“ haben viele in Deutschland verkaufte Pflanzen „erlitten“. „Mehr als 80 Prozent der Schnittblumen werden aus dem Ausland eingeführt“, sagt ZVG-Sprecher Haustedt. Vor allem aus den Niederlanden, Kolumbien und Kenia würden die Blumen eingeführt. Bei den Topfpflanzen stammt jede zweite aus dem Ausland, bei den Beetpflanzen 25 Prozent. Auch der Großteil von Straubes verkauften Schnittblumen stammt vom Großhändler aus den Niederlanden. Die Balkonpflanzen zieht er heran. In seinen Gewächshäusern gedeihen im Sommer auch Gurken, Tomaten und Paprika. Verkauft wird alles in der Gärtnerei. Kunden, die kein Auto haben, liefert Straube die Waren auch ins Haus. Ein Service, den der Supermarkt (noch) nicht anbietet.

Um auch künftig zu bestehen, schätzt Straube, muss er noch mehr Service anbieten. Insgesamt schauen die meisten deutschen Gartenbaubetriebe trotz der harten Konkurrenz positiv nach vorn, heißt es beim Gartenbauverband. Und auch Straube glaubt, dass es sein Geschäft in 25 Jahren noch geben wird: „Wie es dann aussieht und was wir anbieten, wage ich heute noch nicht zu sagen.“ (mz)