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Kommentar Kaiser's Tengelmann: Triumph der Gewerkschaft Verdi könnte Niederlage für andere Händler werden

Von Frank-Thomas Wenzel 07.10.2016, 12:00
Die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka soll nun doch durchgezogen werden.
Die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka soll nun doch durchgezogen werden. dpa

Berlin - Welch ein Triumph für die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie haben es erreicht, dass die hochumstrittene Übernahme von Kaiser’s Tengelmann (KT) durch Edeka doch noch durchgezogen werden soll. Die Gewerkschafter wollen damit Tarifverträge retten, die die Jobs von rund 15.000 KT-Beschäftigten für mindestens fünf Jahre sichern. So etwas hat es noch nicht gegeben.

Das Konstrukt Übernahme nur mit Arbeitsplatzgarantien ist für das gesamte Gewerkschaftslager von immenser Bedeutung, kann als Blaupause für künftige Fusionen von Unternehmen dienen. Herzlichen Glückwunsch, Herr Bsirske. Denn eine bessere Mitgliederwerbung kann es für den Verdi-Chef nicht geben.

Dominierende Stellung setzt Konkurrenten unter Druck

Indes sind viele Details des Kompromisses noch unklar. Alles entscheidend sind die Bedingungen, unter denen Rewe, Norma und Markant bereit sind, ihre Klagen gegen den Deal zurückzuziehen. Hier ist vieles noch unklar.

Klar ist allerdings, Edeka wird die defizitäre Supermarktkette nur dann schlucken, wenn es Wettbewerbsvorteile bringt. Einerseits ergeben sich bessere Verhandlungspositionen gegenüber Herstellern. Weil Edeka künftig mehr einkauft, gibt es auch günstigere Konditionen. Deshalb kann Edeka niedrigere Preise bieten, was Rivalen unter Druck setzt, zumal der Branchenführer mit zusätzlichen KT-Standorten in großen Städten seine dort ohnehin schon dominierende Stellung ausbauen kann. Beides setzt Konkurrenten unter Druck. Und das kann Arbeitsplätze bei kleineren Lebensmittelhändlern kosten.

Auch Edeka könnten Stellenstreichungen drohen

Ein weiterer Faktor: Kaiser‘s Tengelmann macht notorisch Verluste – nicht nur weil das Unternehmen als kleiner Akteur bislang Waschpulver oder Joghurt nur teuer beschaffen kann. Es kommt hinzu, dass die gesamte Organisation bei KT nicht so effizient wie bei den Rivalen funktioniert. Wenn diese Strukturen nun eingefroren werden, dann verschiebt sich der Druck in Richtung der Beschäftigten bei Edeka. Dort drohen dann Stellenstreichungen. Bsirske muss deshalb höllisch aufpassen, dass der Triumph bei KT nicht zu einer Niederlage für die Beschäftigten bei anderen Einzelhändlern wird. Das könnte dann zur Anti-Werbung für Verdi werden.