Insolvenz von Air Berlin Insolvenz von Air Berlin: Ryanair reicht Beschwerde ein

Der irische Billigflieger Ryanair wittert bei der Insolvenz von Air Berlin ein „Komplott“ zwischen der Bundesregierung und deutschen Fluggesellschaften. Nach eigenen Angaben reichten die Iren deshalb beim Bundeskartellamt und bei der EU-Wettbewerbskommission Beschwerden gegen eine mögliche Übernahme Air Berlins durch die Lufthansa ein.
„Diese künstlich erzeugte Insolvenz ist offensichtlich aufgesetzt worden, damit Lufthansa eine schuldenfreie Air Berlin übernehmen kann und dies widerspricht sämtlichen Wettbewerbsregeln von Deutschland und der EU“, erklärte der Billigflieger auf seiner Internetseite. Es gebe ein „offensichtliches Komplott“ zwischen der deutschen Regierung, Lufthansa und Air Berlin.
Air Berlin hatte am Dienstag Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt, der Flugbetrieb ist durch einen Kredit des Bundes über 150 Millionen Euro noch für etwa drei Monate gesichert. Jetzt gehen die Sanierungsbemühungen für die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft weiter. Vorstandschef Thomas Winkelmann verhandelt mit Lufthansa und weiteren Interessenten über einen Verkauf von Teilen der Airline.
Dabei würden die Air-Berlin-Anteile „unter Ausschluss der größten Wettbewerber“ zerstückelt und sowohl die Wettbewerbsregeln der EU als auch Bestimmungen zu staatlichen Beihilfen ignoriert, kritisierte Ryanair. Neben der Lufthansa soll Ryanair-Konkurrent Easyjet Branchengerüchten zufolge an Teilen von Air Berlin interessiert sein. Weder Easyjet noch Air Berlin wollten das bislang kommentieren.
Wirtschafts-Staatssekretär Machnig weist Vorwürfe zurück
Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung und wies die Komplott-Vorwürfe zurück. „Das ist eine abwegige These“, sagte er am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Es werde am Ende nicht eine Airline Air Berlin komplett übernehmen. Damit werde der Wettbewerb gesichert. Den Überbrückungskredit der Bundesregierung halte er für zulässig. Zehntausende Air-Berlin-Kunden seien in der Hauptreisezeit unterwegs, die auch wieder nach Hause gebracht werden müssten.
Air-Berlin-Chef Winkelmann arbeitet bei seinen Verhandlungen mit Lufthansa und weiteren Interessenten nach Unternehmensangaben mit einem Generalbevollmächtigten zusammen, dem Düsseldorfer Juristen Frank Kebekus. Als Sachwalter überwacht der Rechtsanwalt Lucas Flöther aus Halle für die Gläubiger das Verfahren.
Alle Tickets für Air-Berlin-Flüge behalten zunächst ihre Gültigkeit. Die Stiftung Warentest warnte allerdings: „Sollte Air Berlin den Flugbetrieb doch irgendwann einstellen und der Flug auch nicht von einer anderen Airline übernommen werden, erhalten Kunden wahrscheinlich nur wenig oder nichts vom Ticketpreis zurück.“
Auch die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit schloss negative Effekte im Flugbetrieb trotz des Bundes-Kredits nicht aus. Ihr Vorstand Markus Wahl sagte der „Saarbrücker Zeitung“ (Mittwoch) zugleich: „Ganz grundsätzlich kann ich nur dafür werben, dass die Kunden der Fluggesellschaft ihr Vertrauen schenken.“ Mit der Bundesregierung stehe ein potenter Kreditgeber im Hintergrund. Hintergrund der Insolvenz ist nach Unternehmensangaben, dass der Großaktionär Etihad kein weiteres Geld in die defizitäre Fluggesellschaft stecken will.
Verdi sieht gute Chancen für neue Arbeitsplätze
Die Crews von Air Berlin haben nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi gute Aussichten auf neue Arbeitsplätze. „Für die Kollegen in Kabine und Cockpit sind die Chancen sehr hoch“, sagte Bundesvorstandsmitglied Christine Behle am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Auf dem Markt wird viel Personal gesucht.“ Air Berlin hatte am Dienstag Insolvenz angemeldet. Bei einem Verkauf von Teilen der Fluggesellschaft will Verdi für die Crews vor allem Lohnverluste vermeiden.
„Schwierig ist die Zukunft für die Verwaltungsmitarbeiter“, ergänzte Behle. „Da machen wir uns große Sorgen, denn jeder mögliche Übernehmer hat ja schon eine Verwaltung.“ Je nach Käufer gelte das auch für die Technik. Mit 1200 Kollegen sind nach Verdi-Angaben die meisten Verwaltungsmitarbeiter in der Berliner Zentrale beschäftigt, mehr als 100 von ihnen seien erst vor einigen Monaten von Düsseldorf dorthin gezogen. In der Technik arbeiten demnach in Berlin 700 Beschäftigte, in Düsseldorf 220. Die beiden Städte sind mit insgesamt jeweils rund 2900 Mitarbeitern die größten Air-Berlin-Standorte. Nach dem Insolvenzantrag soll es am Freitag ein erstes Gespräch zwischen Gewerkschaft und Geschäftsführung geben. „Wir wollen mitgestalten“, kündigte Behle an. (dpa)