Insolvenz- und Schuldnerberatung Insolvenz- und Schuldnerberatung: Jeder Achte Sachsen-Anhalter ist überschuldet

Halle (Saale)/dpa - Die Insolvenz- und Schuldnerberatungsstellen in Sachsen-Anhalt können nach eigenen Angaben die Nachfrage kaum noch bewältigen. Das zeigt eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. In Sachsen-Anhalt ist nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform jeder Achte überschuldet - das sind rund 250.000 Menschen.
Bei der Verbraucherzentrale etwa, die jährlich 1600 soziale Schuldnerberatungen und Insolvenzberatungen verzeichnet, hieß es: „Die Zahlen halten sich seit 2011 etwa die Waage. Das liegt jedoch in erster Linie daran, dass mit den vorhandenen Kapazitäten weitere Beratungen nicht möglich sind.“ Astrid Albrecht, Leiterin der Schuldnerberatung bei der Verbraucherzentrale, betonte, eine Ausweitung sei aus finanziellen Gründen nicht möglich. Die Beratung von Heranwachsenden, Alleinerziehenden und Rentnern habe zugenommen.
Jedes Jahr mehr neue Schuldner
Petra Kotzur von der Verbraucherinsolvenzberatung in Sangerhausen betonte, dass jedes Jahr mehr neue Schuldner hinzukommen als Fälle abgearbeitet werden können. Die Bearbeitungszeiten würden länger, Wartezeiten könnten bis zu zwölf Wochen betragen. Akute Probleme würden aber schneller behandelt. Bei der Schuldnerberatung im Altlandkreis Sangerhausen seien 2011 noch 182 Fälle bearbeitet worden, 2012 dann 224 und im vergangenen Jahr 196. Bei der Insolvenzberatung gab es 2013 mehr als 260 Fälle.
Karin Meyenberg, eine von zwei Schuldnerberaterinnen der Diakonie Naumburg-Zeitz, verzeichnet ebenfalls eine wachsende Nachfrage nach Beratung. 2013 hätten sie und eine Kollegin zusammengenommen knapp 1000 Beratungsgespräche mit 349 Klienten geführt. Meyenberg sagte: „Wir beraten sehr häufig die Gruppe der über 35-Jährigen, zunehmend auch Senioren.“ Sie seien aber auch Anlaufstelle für ehemals Selbstständige, Rentner, Hartz-IV-Empfänger und Beschäftigte in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Aber auch Besserverdienende wie Beamte und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes fragten die Schuldnerberatung nach.
Leben mit den Schulden
Eine Gruppe sieht Meyenberg nach eigenen Worten inzwischen seltener: die der jungen Erwachsenen. „Diese Klienten, oft schlecht ausgebildet und früh Eltern geworden, richten sich eher in ihrer Situation ein und wählen den Weg: Leben mit Schulden, geschützt durch das Pfändungsschutzkonto.“
Johannes Spenn, Referent der Diakonie Mitteldeutschland für Gesellschaftliche Integration, betonte, dass die Finanzierung der Beratungsstellen alles andere als auskömmlich sei. Bezogen auf das ganze Land Sachsen-Anhalt gebe es pro 66.000 Einwohner einen Berater. In den vergangenen Jahren seien keine Beratungsstellen in freier Trägerschaft vergeben worden.
Laut Landesverwaltungsamt gab es im Jahr 2012 - aktuelle Zahlen sind nicht verfügbar - rund 12.300 Beratungsfälle. Davon habe es sich 4.500 Mal um Insolvenzen gehandelt, knapp 6.300 Mal gab es eine Schuldenberatung, rund 1.500 sonstige Beratungen kamen hinzu.
Sachsen-Anhalt fördert die Insolvenzberatungsstellen im Land in diesem Jahr mit 1,55 Millionen Euro, wie das Landesverwaltungsamt kürzlich mitteilte. Für die Schuldnerberatungen zahlen die Kommunen. Hilfsangebote gibt es in Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau sowie in allen Landkreisen.