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Innovationsvorhaben in Ostdeutschland Innovationsvorhaben in Ostdeutschland: Grüner Wasserstoff - die neue Kraft im Land

Von Walter Zöller 31.03.2016, 08:12
Der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen.
Der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen. Thomas Ruttke

Halle (Saale)/Bitterfeld-Wolfen - Zunächst war es nur eine Idee, daraus wurde das vielleicht derzeitig ehrgeizigste Innovationsvorhaben in Ostdeutschland. Über 100 namhafte Firmen und Forschungseinrichtungen arbeiten seit einiger Zeit unter dem Dach eines Konsortiums namens „Hypos“ an der Vision vom „grünen“ Wasserstoff. Er soll mit Hilfe des in der Region reichlich vorhandenen Stroms aus Wind, Sonne und Biomasse erzeugt werden. Und das in großem Stil, umweltfreundlich und zu wirtschaftlich rentablen Bedingungen. Für Ralf Wehrspohn, erster stellvertretender Vorsitzender von „Hypos“, fällt die Zwischenbilanz positiv aus. „Es ist eine Riesenchance für unsere Region, die Energiewende zu nutzen“, sagt der Professor, der das  Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen in Halle leitet.   

Folge der Energiewende

Mittlerweile laufen mehrere konkrete Projekte, in denen der „grüne“ Wasserstoff eine zentrale Rolle spielt. Etwa in Bitterfeld-Wolfen. Dort wird unter Federführung der Miltitz Aromatics GmbH  ein kostengünstiges und umweltfreundliches Verfahren zur Erzeugung von Synthesegas aus „grünem“ Wasserstoff und biogenem Kohlendioxid entwickelt. Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit Kohlenstoffmembranen, die die Trennung von Erdgas und Wasserstoff in gemeinsamen Netzen ermöglichen sollen.

„Hypos“ steht für „Hydrogen Power Storage & Solution East Germany“. Und „Hypos“ steht für die Idee, mehrere Entwicklungen miteinander zu koppeln: So gibt es im ostdeutschen Chemiedreieck einen großen Bedarf an Wasserstoff. Das bisherige Verfahren zu dessen Herstellung belastet die Umwelt, bei der Abspaltung vom Kohlenwasserstoff entsteht das Treibhausgas CO2. Der „grüne“ Wasserstoff würde dagegen statt mit Erdgas mit umweltfreundlich erzeugtem Strom produziert.

Wasserstoff ist ein Grundstoff in der Chemie, er kann auch als Kraftstoff für Motoren oder zur Wärmeerzeugung genutzt werden. Noch gilt die Produktion des „grünen“ Wasserstoffs und dessen Speicherung als wirtschaftlich unrentabel. Das könnte sich nach der Energiewende in absehbarer Zeit ändern.

Dies ist einer der Gründe, warum „Hypos“ aus Sicht seiner Initiatoren Zukunft hat. „Wir können mit dem ’grünen’ Wasserstoff die Wertschöpfung in der Region halten“, sagt „Hypos“-Vorstandsmitglied Wehrspohn. Und Miltitz-Geschäftsführer Stefan Müller sieht darin eines der „großen Zukunftsthemen“.

Die Bedingungen im mitteldeutschen Chemiedreieck scheinen günstig. So gibt es eine 150 Kilometer lange Wasserstoff-Pipeline, die von Zeitz über Böhlen, Leuna und Schkopau bis nach Bitterfeld-Wolfen und Rodleben bei Dessau-Roßlau führt. Und in den Salz-Kavernen bei Bad Lauchstädt (Saalekreis) könnte der „grüne“ Wasserstoff gelagert werden - so sind zumindest die Überlegungen.

Im Bundesforschungsministerium liegen für „Hypos“ 45 Millionen Euro bereit, pro Projekt werden 65 Prozent der Kosten finanziert. Den Rest müssen die Firmen tragen. So kommt insgesamt eine Investitionssumme von 65 bis 70 Millionen Euro zusammen. Für Wehrspohn sind die Finanzierungsmodalitäten reizvoll, er hofft auf weitere Investoren aus der Industrie.  

Förderung bis 2020

Wobei sich schon heute neben mittelständischen Betrieben auch einige der Großen aus der Branche wie etwas Siemens, Verbundnetz Gas oder Linde in dem Konsortium engagieren. Mehr als ein Dutzend Projekte laufen oder sind zumindest in einer konkreten Planungsphase. Da geht es beispielsweise darum, wie eine effiziente Strom- und Wärmeversorgung aus Wasserstoff in einem Wohnhaus aussehen müsste. Oder um die Frage, wie die Betriebssicherheit von Rohrleitungen für den Transport des Wasserstoffes gewährleistet werden kann.

„Von Ostdeutschland soll eine Revolution in der Wasserstoffwirtschaft ausgehen“, setzt „Hypos“ die Messlatte auf ihrer Internet-Präsentation selbst hoch an. Ob sie gerissen oder genommen wird, dürfte sich spätestens im Jahr 2020 Zeigen - dann endet die Förderung durch den Bund. (mz)