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Hotelbewertungen im Netz Hotelbewertungen im Netz: Mit Vorsicht zu genießen

Von Stefan Sauer 14.06.2013, 18:53
Vorsicht bei der Suche nach Hotels im Internet.
Vorsicht bei der Suche nach Hotels im Internet. dpa Lizenz

Berlin/MZ - Es war toll. Die Zimmer groß, der Meerblick fantastisch, das Essen lecker, der Pool sauber – ein Hotel wie gemalt, hundertprozentig zu empfehlen. Ferienunterkünfte mit solchen Beurteilungen müssen sich um ihre Auslastung nicht sorgen. Denn die von Bewertungsportalen wie Holiday Check oder Tripadvisor veröffentlichten Gäste-Noten spielen in der Reiseplanung der Deutschen eine immer größere Rolle. Neun von zehn Urlaubern informieren sich vor der Buchung zunächst im Internet, wie die ins Auge gefasste Ferien-Unterkunft zuvor bei anderen Touristen ankam. 95 Prozent messen den Online-Urteilen hohe Glaubwürdigkeit zu, weshalb sich ebenso viele bei der Wahl ihres Urlaubsdomizils von den Bewertungen leiten lassen.

Aus den Umfrage-Ergebnissen, die 2011 von der Internationalen Hochschule Bad Honnef erhoben wurden, lässt sich eine simple Gleichung ableiten: Gute Noten bedeuten für Beherbergungsbetriebe bares Geld. Nicht selten kosten sie auch welches. Bestechung, Erpressung und Verleumdung scheinen im Bewertungswesen für Unterkünfte an der Tagesordnung, vermeintlich unverfälschte Urlaubs-eindrücke entpuppen sich als bezahlte Gefälligkeitsbewertungen oder üble Nachrede.

Dabei geht die Initiative nicht selten von Gästen selbst aus. 43 Prozent der Hoteliers in Deutschland wurden einer Umfrage der Fachhochschule Worms bereits mindestens einmal von Kunden unter Druck gesetzt, die ein teureres Zimmer ohne Aufpreis oder auch Bargeld verlangten, andernfalls es eine rabenschlechte Bewertung setze. Immerhin ein Drittel der Erpressungsopfer gab solchen Forderungen im Einzelfall nach.

Geschäft mit Bewertungen

Aus nachvollziehbarem Grund, denn bereits wenige sehr schlechte Bewertungen reichen aus, um die Gesamtnote in den Keller zu schicken und die Rate der Weiterempfehlungen unter die kritische 80-Prozent-Marke zu drücken. Als Faustformel gilt: Ein Fünftel extremer Urteile lässt die Gesamtnote um 0,5 fallen - oder steigen.

Genau dies machen sich Hotelbetriebe zunutze, die nicht Opfer von Fälschungen, sondern Täter sind. In den USA bieten Agenturen professionell verfasste Lobhudeleien bereits für fünf Dollar pro Text an. Gutes muss also nicht teuer sein. Investiert ein Hotel, das bei 100 echten Gästebewertungen nur drei von möglichen sechs Punkten erhielt, 500 Dollar für hundert gefälschte Top-Noten, klettert die Gesamtbewertung laut Faustformel von miesen drei auf großartige 5,5 Punkte.

„Auf der ITB und anderen Tourismus-Messen werden uns jedes Mal Gefälligkeitsbewertungen gegen Geld angeboten“, sagt Oliver Winter, Geschäftsführer der A&O Hostels mit Sitz in Berlin. Mitunter würden auch schlechte Bewertungen für den Fall angedroht, dass man die guten nicht zu kaufen bereit sei. „Das passiert ganz offen, wenn auch nur mündlich“, sagt Winter.

Für die Bewertungsportale selbst sind die Fälschungen durchaus ein Problem, wie Claudius Moarefi, Pressesprecher des größten deutschsprachigen Hotelbewertungsportals Holiday Check, einräumt. Bei einer Million von Holiday Check veröffentlichten Unterkunftsbewertungen pro Jahr gelangten trotz eines vielstufigen Kontrollsystems auch immer wieder gefälschte Bewertungen auf die Seiten. Das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, das über seine Mutter zum deutschen Burda-Verlag gehört, versieht Hotels, die im Verdacht bestellter Gefälligkeitsbewertungen stehen, mit grauen und in bestätigten Fällen mit roten Warnhinweisen. „Wir tun alles, um unsere Kunden vor Manipulationen zu bewahren“, beteuert Moarefi.