Solarzellen-Produzent Hanwha Q-Cells investiert in Forschungsstandort Bitterfeld-Wolfen

Bitterfeld-Wolfen - Die Eingangspforte des Solar Valley in Bitterfeld-Wolfen ist nicht mehr besetzt. Auch der Haupteingang der ehemaligen Q-Cells-Zentrale ist geschlossen. Die Forschungsabteilung des Solar-Unternehmens ist nur noch über Nebeneingänge zu erreichen. Nach wirtschaftlicher Prosperität sieht das nicht gerade aus. Doch sollte der erste Eindruck nicht überbewertet werden.
Während das deutsche Vorzeige-Unternehmen Solarworld um seine nackte Existenz kämpft, ist Hanwha Q-Cells im vergangenen Jahr wieder zum weltgrößten Solarzellen-Hersteller aufgestiegen. Insgesamt wurden Zellen mit einer Gesamtleistung von 4,6 Gigawatt hergestellt - ein Plus von 55 Prozent gegenüber 2015. Bei einem Umsatz von 2,4 Milliarden US-Dollar wurde unter dem Strich ein Gewinn von 206 Millionen Euro erzielt. Das ist in der Branche, die unter einem massiven Preisverfall leidet, beachtlich. Der Erfolg geht auch auf die Forschungsarbeit in Bitterfeld-Wolfen zurück - dort arbeiten immerhin noch 400 Mitarbeiter.
Hanwha-Q-Cells: Pilotanlage in Bitterfeld wird modernisiert
„Herzstück“ von Hanwha Q-Cells in Bitterfeld-Wolfen ist heute eine Pilotlinie zur Fertigung von Solarzellen. 180 Ingenieure arbeiten an der Weiterentwicklung der Zellen. Im Zentrum der Bemühungen steht laut Markus Fischer, Leiter der Pilotlinie, der Wirkungsgrad. Dieser gibt vereinfacht gesagt an, wie viel Sonnenenergie in Strom umgewandelt werden kann. „Bei sogenannten monokristallinen Zellen erreichen wir inzwischen Durchschnittswerte von 21,6 Prozent“, berichtet Fischer.
Die Verbesserung der Leistung bei gleichzeitig optimierter Produktion führt laut Fischer dazu, dass sich Solarstrom zunehmend ohne staatliche Subventionen rechnet. „Auf einer Hausdachanlage kann hierzulande Solarstrom für unter zehn Cent je Kilowattstunde produziert werden.“ Viele Bauherren würden daher auf Eigenversorgung setzen.
Bereits vor mehreren Jahren entwickelte der Konzern die Qantum-Technologie, die heute industrieller Standard ist. An die Rückseite der Solarzelle wurde eine Art Spiegel angebracht, der die Lichtstrahlen zurück in die Zelle reflektiert und damit die Energieausbeute erhöht. „Nach wie vor sind wir in der Technologie führend“, so Fischer. Damit das so bleibt, werde nun die Pilotanlage in Bitterfeld-Wolfen modernisiert. Die Höhe der Investition wird aber nicht genannt.
Hanwha Q-Cells wirbt bei seinen Produkten stets mit dem Label „engineered in Germany“ (konstruiert in Deutschland). „Das ist ein wichtiges Verkaufsargument“, so Fischer. Für die Kunden sei nicht allein der Anschaffungspreis, sondern auch die Leistung und Langlebigkeit der Zellen entscheidend.
Gefertigt werden die Zellen an drei Standorten: in Malaysia, China und seit 2016 auch in Korea. Dort wurde eine Fabrik mit einer Kapazität von 1,8 Gigawatt errichtet. Insgesamt verfügt das Unternehmen über Fertigungen in Höhe von sechs Gigawatt, die nach Angaben von Firmensprecher Jochen Endle bis Ende 2017 auf 6,8 Gigawatt erhöht werden.
Hanwha Q-Cells: In Biterfeld-Wolfen blieben nur Forschung und der europäische Vertrieb
In Deutschland wurde die Massenproduktion dagegen eingestellt. Im Jahr 2012 übernahm der koreanische Chemiekonzern Hanwha den gefallenen Börsenstar Q-Cells aus der Insolvenz. Daraus wurde ein deutsch-koreanisches Gemeinschafts-Unternehmen mit Sitz in Bitterfeld-Wolfen geschmiedet. Anfang 2015 erfolgte eine neue Wende. Die hiesige Produktion wurde komplett geschlossen - 550 Stellen gestrichen. In der Folge verschmolz das Unternehmen mit der chinesischen Solarfirma Solar One. In Bitterfeld-Wolfen blieb nur die Forschung und der europäische Vertrieb. Hintergrund: Nicht nur die Personalkosten sind in Deutschland höher. Es gibt auch keine Kapitalgeber, die mal eben Milliarden Euro für neue Fabriken bereitstellen. Hanwha-Q-Cells-Finanzchef Kasey Son begründete die Entscheidung damals mit dem hohen Kostendruck in der Solarbranche.
Die Situation auf dem Markt ist laut Karl Melkonyan vom Marktforschungsinstitut IHS durch zwei Trends gekennzeichnet: hohes Wachstum und fallende Preise. Im vergangenen Jahr sei der weltweite Absatz um 35 Prozent auf 77,8 Gigawatt gestiegen. In der Spitze liefern diese Anlagen so viel Strom wie 75 große Atomkraftwerke. Da die Sonne aber nicht immer scheint, liegt die reale Ausbeute je nach Weltregion deutlich niedriger. Vor allem in China, den USA und Japan boomt der Markt. Mit billigen Krediten päppelt die Volksrepublik auch ihre Hersteller, die die Branche inzwischen dominieren. Dadurch steigt die Produktion noch schneller als der Absatz. Die Folge: Der Preisverfall lag zuletzt bei 20 Prozent im Jahr.
Viele Experten sehen das auch positiv: mehr Leistung für weniger Geld. Eine internationale Forschergruppe, darunter Experten des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), prognostizierte zuletzt, dass sich die Solarleistung bis 2030 mindestens verzehnfachen wird. Auch eine klimaunfreundliche Politik von US-Präsident Donald Trump wird die Entwicklung maximal verzögern, aber wohl nicht aufhalten. In Wüstenstaaten wie Dubai ist Sonnenstrom schon heute die günstigste Stromquelle. Hanwha Q-Cells hat zuletzt mit der Türkei einen Vertrag über den Bau eines riesigen Solarparks mit einem Gigawatt Leistung vereinbart. Die Koreaner sind fest entschlossen, das BP oder Shell des Sonnenzeitalters zu werden.
(mz)