Gut versichert? Gut versichert?: Auf welche Klauseln Sie achten müssen

Halle (Saale)/DMN - Fest angekettet am Zaun steht das neue Rad vor dem Haus - aber leider nicht lange. Gegen Mitternacht schlagen die Diebe zu und knacken das Schloss. Wer sich nun denkt: „Ich bin ja versichert“, hat hoffentlich das Kleingedruckte im Vertrag gelesen. Denn in den meisten Hausratspolicen sind Fahrräder nur zwischen 6 Uhr morgens und 22 Uhr abends versichert. Auch bei Diebstahl von der Straße wird nur selten gezahlt.
Wann, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen versprochene Leistungen gewährt werden, entscheiden die Vertragsbedingungen. „Die Bedingungen sind das Kernstück einer Police“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Leider wissen nur die wenigsten Verbraucher, auf welche Vertragsklauseln es ankommt.
Immerhin haben die Versicherer ihre Verträge in den letzten Jahren verbessert. Worauf Sie achten sollten:
Hausrat: Damit es im Schadensfall nicht zum Streit mit dem Versicherer kommt, ist die Bedingung „Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit“ zu empfehlen. „Damit verzichtet der Versicherer darauf, seine Leistungen je nach Schwere der Schuld des Versicherten zu kürzen“, sagt Boss. Auch Elementarschäden - durch Naturgewalten wie Überschwemmung, Erdbeben oder Lawinen - sollte der Versicherer decken, zumindest gegen einen Zusatzbeitrag.
Gute Versicherungen für Fahrräder weisen die „24-Stunden-Klausel“ auf – also einen Schutz rund um die Uhr. Gegen Aufpreis übernehmen viele Versicherer auch das Risiko des sogenannten einfachen Diebstahls, etwa vorm Büro oder Supermarkt.
Kfz-Haftpflicht und -Kasko: Bei der Haftpflichtversicherung beträgt die Deckungssumme am besten 100 Millionen Euro. Zudem sollte sie auch außerhalb Europas einspringen. Ein weiteres wichtiges Vertragsdetail ist auch hier der weitgehende Verzicht auf grobe Fahrlässigkeit. Dann zahlt der Versicherer zum Beispiel, wenn man noch schnell bei roter Ampel gefahren ist und einen Unfall baut.
Ebenfalls wichtig kann der sogenannte Verzicht auf „Abzug neu für alt“ in der Kaskoversicherung sein. Er schützt davor, dass der Versicherer bei einer Lackierung oder bei Reifenersatz nicht die volle Summe der Kosten übernimmt, sondern das Alter des Fahrzeugs berücksichtigt. Somit bleibt der Kunde auf einem Eigenanteil sitzen. Zwar verzichten viele Versicherer heutzutage auf den Abzug, weil dieser als kundenunfreundlich gilt. Jedoch gibt es Ausnahmen für spezielle Fahrzeugteile, etwa für zu ersetzende Cabrio-Verdecke.
Private Haftpflicht: Eine sogenannte „Forderungsausfalldeckung“ sollte im Vertrag enthalten sein: Sie springt für einen zugefügten Schaden ein, der von einer Person verursacht wurde, die den fälligen Schadensersatz nicht bezahlen kann oder selbst keine private Haftpflichtversicherung besitzt. „Die Police sollte Schäden ab 2500 Euro decken und weltweit gelten“, rät Boss.
Auch Schäden von Kindern unter sieben Jahren sollten versichert sein, denn bis zu diesem Alter gelten sie als deliktunfähig – damit muss der Versicherer üblicherweise auch nicht für Schäden bezahlen.
Signal Iduna, Ergo, Generali, Deutscher Ring - eine ganze Reihe von Lebensversicherern hatte in der Vergangenheit unzulässige Klauseln in ihren Verträgen. Sie wurden von der Hamburger Verbraucherzentrale verklagt. Vielen Kunden stehen nun Rückzahlungen zu. Betroffene, die vorzeitig aus ihrem Vertrag ausgestiegen waren, hatten nämlich teils herbe Verluste gemacht.
Betroffen sind Kunden oder ehemalige Kunden der Lebensversicherer, die in den vergangenen Jahren ihre Versicherungsverträge gekündigt oder beitragsfrei gestellt haben. Letzteres bedeutet, dass kein Geld mehr eingezahlt wird und der Vertrag damit auf Eis liegt. Das Urteil betreffe all jene, die vorzeitig aus einem Vertrag ausgestiegen sind, der nach 2001 abgeschlossen wurde, sagte Verbraucherschützerin Edda Castelló.
Der Bundesgerichtshof (BGH) kam zu dem Schluss, dass die Bestimmungen zu Beitragsfreistellungen, Kündigungsgebühren und Rückkaufswerten in Versicherungsverträgen undurchsichtig und damit unwirksam waren. So gut wie alle Versicherer hätten solche Klauseln benutzt. Die Regelungen zu Abschlusskosten wurden ab 2008 zwar geändert, die beklagten Klauseln zum Stornoabzug könnten aber heute noch in Verträgen stehen.
In vielen Fällen müssen Versicherungsnehmer gar nichts tun. Allianz und Deutscher Ring etwa zahlen oder zahlten Kunden automatisch die zu viel entrichteten Gebühren zurück. Das Geld wird den Kunden auf ihre Versicherungssumme gutgeschrieben. Aktiv werden sollten auf jeden Fall jene Versicherungsnehmer, die ihre Verträge gekündigt haben. Möglicherweise etwa verfügt der Versicherer nicht mehr über aktuelle Adressdaten.
Auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg gibt es Musterschreiben, um Geld zurückzufordern. „Versicherungskunden sollten den Musterbrief erst einmal blind abschicken“, sagt Verbraucherschützerin Castelló. Im Zweifelsfall stehe am Schluss eine genaue Vertragsprüfung an.
Wie hoch die Ansprüche der Versicherten im Einzelfall sind, lässt sich nur schwer sagen. „Das hängt etwa davon ab, wie viel ich als Kunde eingezahlt habe und wann ich aus dem Vertrag ausgestiegen bin“, sagt Castelló. Oft sei zudem die Höhe des Stornoabzugs gar nicht bekannt gewesen. Die Verbraucherzentrale rechnet damit, dass die Versicherer pro Vertrag rund 500 Euro zurückzahlen müssen und geht von 3,2 Millionen Vertragskündigungen pro Jahr seit 2001 aus.
Berufsunfähigkeit: Der Vertrag muss den „Verzicht auf die abstrakte Verweisung“ enthalten. „Ansonsten wird die Rente erst gezahlt, wenn man neben dem eigenen Beruf auch keine vergleichbare Tätigkeit mehr ausüben kann“, sagt Boss. Ein Lehrer, der berufsunfähig wird, aber noch als Pförtner arbeiten kann, würde ohne die Klausel keine Rente erhalten.
Gute Berufsunfähigkeitspolicen haben einen Prognosezeitraum – er gibt an, wie lange die Berufsunfähigkeit voraussichtlich andauert - von nur sechs Monaten. Dann leistet der Versicherer bereits, wenn der Arzt eine Berufsunfähigkeit von voraussichtlich sechs Monaten vorhersagt.
Rechtsschutz: „Der Versicherungsschutz sollte sich auch auf rechtliche Interessen außerhalb Europas beziehen“, rät Boss. Auch Kapitalanleger-Klagen sind bei Bedarf mitzuversichern. Denn: Viele Unternehmen gewähren inzwischen keinen Rechtsschutz mehr bei Streitfällen um Kapitalanlage-Geschäfte. Und diejenigen, die dies doch abdecken, versichern meist nur den Rechtsbeistand bei einer falschen Finanzberatung. Oft sind die Kosten, die übernommen werden, zudem gedeckelt durch einen bestimmten Betrag.
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Unfall: Ob beim Sport oder im Job - Verletzungsgefahren lauern überall. Mitversichert sind bestenfalls auch Gesundheitsschäden, die der Versicherte bei „rechtmäßiger Verteidigung oder beim Bemühen zur Rettung von Menschen oder Sachen“ erleidet. Drin stehen sollte ebenfalls die Abdeckung von Tauchunfällen, kosmetischen Operationen (mindestens 3000 Euro), Schäden durch ausströmende Gase und Dämpfe, Dünste, Staubwolken, Säuren und ähnliches sowie Vergiftungen durch Nahrungsmittel.
Ein Tipp zum Schluss: Neukunden kommen häufig in den Genuss von verbesserten Bedingungen. Es lohnt sich also, den alten Versicherungstarif entweder anzupassen oder in einen neuen zu wechseln. (mit Material von Biallo)