"Global Bäääm" "Psycho Joker" "Mr. Happy" und Co. "Global Bäääm" "Psycho Joker" "Mr. Happy" und Co.: Bundesregierung will legale Designerdrogen verbieten

Sie heißen „Global Bäääm“, „Psycho Joker“ oder „Mr. Happy“ und versprechen absoluten Partyspaß, atemberaubenden Sex oder tiefe Entspannung. Sie sind für ein paar Euro im Internet als „Badesalze“, „Kräutermischungen“ oder „Raumlufterfrischer“ zu kaufen – doch das ist nur Maskerade. Tatsächlich handelt es sich um synthetische Drogen, deren Verkauf nur aufgrund von Lücken in der Drogengesetzgebung legal ist. „Legal Highs“, also erlaubte „Rausch-Macher“, werden die Designerdrogen daher genannt. Seit Jahren liefern sich Hersteller und Händler ein Katz-und-Maus-Spiel mit Behörden und der Justiz. Doch damit soll nun Schluss sein. Mit einem neuen Gesetz will die große Koalition ein umfassendes Verbot dieser Designerdrogen durchsetzen.
Anzahl der Todesfälle verfünffacht
So harmlos, wie die Anbieter im Internet suggerieren, sind die Legal Highs nicht. Laut Polizeistatistik starben 2014 durch den Gebrauch dieser Substanzen 25 Menschen, im Jahr davor waren es erst fünf. Die Nebenwirkungen der Drogen sind zum Teil heftig. Sie reichten von Übelkeit, Erbrechen und Herzrasen bis hin zu Orientierungsverlust, Kreislaufversagen, Wahnvorstellungen oder Psychosen.
Wer die kleinen bunt bedruckten Tütchen kauft, spielt russisches Roulette: Er weiß nicht ansatzweise, welche Chemikalien in welcher Konzentration er tatsächlich bekommt. Generell lässt sich nur sagen, dass Räuchermischungen hauptsächlich aus synthetischen Cannabisprodukten (Cannabinoide) bestehen. Häufig verwendet werden zudem amphetaminähnliche Stoffe – sie gleichen in ihrer Wirkung also Speed oder Crystal Meth. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes gibt es auf dem Markt rund 1500 Produkte dieser Art mit fast 200 unterschiedlichen Wirkstoffen.
Gesetzgeber hechelt der Realität hinterher
Der Staat versucht seit Jahren, den Markt einzudämmen. Fällt eine Substanz auf, wird sie aufwändig durch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes verboten. Zuletzt wurden im Herbst 32 Stoffe für illegal erklärt. Doch kaum wird eine Substanz verboten, kommen neue Variationen der Droge auf den Markt, die mitunter nur durch eine kleine Änderung der Molekülstruktur erreicht werden. Dadurch sind die Substanzen wieder legal - bis auch sie konkret per Gesetz untersagt werden. Der Gesetzgeber hechelt der Realität also immer hinterher.
Einige Zeit sah es so aus, als könne die Justiz den Wettlauf doch noch gewinnen. Die Rechtsexperten fanden einen Ausweg: So erklärten deutsche Gerichte Legal Highs zu Medikamenten und bestraften Händler wegen eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Denn Medikamente dürfen nicht ohne Zulassung verkauft werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beendet diese Praxis jedoch. Im Sommer 2014 entschied er, dass lediglich Wirkstoffe, die klar therapeutischen Zwecken dienen, unter das Arzneimittelgesetz fallen. Die Konsumenten synthetischer Cannabinoide würden die Substanzen aber nur „zu Entspannungszwecken“ konsumieren, so die Richter. Damit schied diese Notlösung der Justiz fortan aus. Verboten bleibt nur, was ausdrücklich in der Anlage des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt ist.
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„Dringender Handlungsbedarf“
Schon unter der schwarz-gelben Koalition wurde daher ein neuer Ansatz gesucht, um der Lage Herr zu werden. Das erwies sich jedoch als juristisch äußerst schwierig. Denn man kann schlecht etwas untersagen, was es noch gar nicht gibt. Deshalb wurde die Idee entwickelt, ganze Stoffgruppen zu verbieten, um damit auch mögliche Molekülvariationen zu erfassen. Nach mehrjährigen Vorarbeiten haben nun die Drogenbeauftragte der Regierung, Marlene Mortler (CSU), und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den Kabinettskollegen einen Gesetzentwurf zur Abstimmung vorgelegt.
Es bestehe „dringender Handlungsbedarf“, um die Bevölkerung vor den Gefahren der Legal Highs zu schützen, heißt es in dem Entwurf für das „Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe“. In Paragraf 1 heißt es kurz und knapp: „Es ist verboten, mit einem neuen psychoaktiven Stoff Handel zu treiben, ihn in den Verkehr zu bringen, herzustellen oder einzuführen“. Ungewöhnlich für einen Gesetzestext: Auf mehr als 30 Seiten sind detailliert chemische Formeln und Molekülstrukturen aufgelistet, so dass der Entwurf streckenweise aussieht wie ein Chemie-Lehrbuch.
Haftstrafen bis zu zehn Jahren vorgesehen
In einem ersten Schritt werden drei Stoffgruppen untersagt, die als Rauschmittel missbraucht werden: synthetische Cannabinoide, Phenylethylamine und Cathinone. Sie machen laut Regierung zwei Drittel aller neuen Stoffe aus, die über das europäische Drogen-Frühwarnsystem gemeldet wurden. Da die Substanzen aber unter anderem auch für Medikamente verwendet werden, sind Ausnahmen festgelegt: Ausgenommen seien „nach dem Stand von Wissenschaft und Technik anerkannte Verwendungen zu gewerblichen, industriellen oder wissenschaftlichen Zwecken“.
Wer die verbotenen Stoffe herstellt oder in den Verkehr bringt, soll mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden. Sogar bis zu zehn Jahren Gefängnis drohen, wenn der Handel bandenmäßig betrieben wird oder illegale Substanzen an Jugendliche verkauft werden. In dem Gesetzentwurf wird ausdrücklich offen gehalten, zu einem späteren Zeitpunkt weitere Stoffgruppen einzubeziehen. Außerdem sollen auch künftig einzelne Substanzen, die nicht durch das neue Gesetz erfasst werden, durch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes untersagt werden.
Nach den Planungen der Regierung soll das Gesetz Mitte 2016 in Kraft treten. Der Koalitionspartner SPD ist einverstanden. Die Opposition sieht das Vorhaben allerdings kritisch. „Verbote bringen nichts, außer dass ein unkontrollierbarer Schwarzmarkt entsteht“, glaubt der grüne Drogen-Politiker Harald Terpe. Er meint, dass es die Legal-Highs-Szene nur deshalb gibt, weil Cannabis verboten ist. Der Zusammenhang sei sogar nachgewiesen: Als in den Niederlanden vor einigen Jahren die Coffee-Shops, in denen Cannabis legal verkauft werden darf, strenger reguliert wurden, seien viele Konsumenten auf den Legal-Highs-Markt ausgewichen, berichtet er. Auch Frank Tempel von den Linken tritt für eine kontrollierte Freigabe von Cannabis ein. Sein Motto: „Legalize statt Legal Highs“.