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Gefährlicher Trend Gefährlicher Trend: Warum Experten der Commerzbank vor einer neuen Immobilienblase warnen

Von Timot Szent-Ivanyi 05.08.2016, 12:27
Eine Neubausiedlung in Frankfurt/Main. Besonders in Großstädten sind die Immobilienpreise auf einem sehr hohen Stand.
Eine Neubausiedlung in Frankfurt/Main. Besonders in Großstädten sind die Immobilienpreise auf einem sehr hohen Stand. dpa

Berlin - Bisher wiegelte die Mehrheit die deutschen Ökonomen ab: Zwar würden die Immobilienpreise insbesondere in den deutschen Ballungszentren kräftig steigen, von einer regelrechten Blase könne aber noch nicht gesprochen werden. Doch nun scheinen sich die Experten da nicht mehr so sicher. Die Analysten der Commerzbank warnen vor einem gefährlichen Trend.

Wie begründen die Ökonomen ihre Sorge?

Die Commerzbank-Experten weisen darauf hin, dass die Hauspreise seit 2010 deutlich schneller als Mieten, Verbraucherpreise und die Einkommen der privaten Haushalte steigen. Zuletzt betrug das Plus in der ersten Jahreshälfte fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den Ballungszentren sei der Anstieg noch höher.

Nach dem Marktbericht des Gutachterausschusses für Grundstückswerte stiegen beispielsweise in Berlin 2015 die Preise für Eigentumswohnungen um 14 Prozent, Ein- und Zweifamilienhäuser verteuerten sich um 22 Prozent. „Der Immobilienboom in Deutschland nimmt immer mehr Züge einer Blase an, da sich die Häuserpreise mehr und mehr von den Fundamentalfaktoren abkoppeln“, so das Fazit der Ökonomen. Wichtigster Treiber für den Preisboom sind die extrem niedrigen Zinsen, die Baukredite billig machen.

Was ist so gefährlich an einer Blase?

Von einer Immobilienblase spricht man, wenn es zum Beispiel auf Grund wachsender Nachfrage zu einer Überbewertung von Immobilien kommt. Nachdem der Höhepunkt überschritten ist, gibt es meist in relativ kurzer Zeit einem Einbruch, weil die Käufer auf fallende Preise setzen oder sich durch steigende Zinsen die Konditionen für Baukredite verschlechtern. Möglich ist auch, dass die Besitzer fallende Preise befürchten und deshalb verkaufen, weshalb das Angebot steigt. Das Platzen einer Blase führt oftmals zu massiven wirtschaftlichen Verwerfungen. So hatte die weltweite Finanzkrise- und Wirtschaftskrise 2007/2008 ihren Ursprung in den USA, wo damals ein Boom bei privaten Immobilien abrupt endete.

Sollte es in Deutschland tatsächlich eine Blase geben, wann platzt sie?

Das weiß niemand. Ein Anlass könnte eine Trendumkehr bei der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank sein. Diese ist allerdings nicht abzusehen. Die Commerzbank-Analysten haben sich aber die US-Immobilienkrise 2007 nochmals genau angeschaut. Sie verwiesen darauf, dass die Probleme dort schon viel früher, nämlich bereits 2003, begonnen hätten.

Ab diesem Zeitpunkt seien die Zinsen nicht weiter gefallen – die Preise aber weiter gestiegen. Anders als zuvor wurden also die wachsenden Hauspreise nicht mehr durch die sinkenden Zinsen ausgeglichen. Das führte dazu, dass Häuser immer schwerer zu finanzieren waren. Als die Zinsen dann einige Jahre später tatsächlich stiegen, platze die Blase.

Könnte sich diese Entwicklung in Deutschland wiederholen?

Die Experten halten das für möglich. Denn auch hier gibt es diesen Trend: Die Zinsen fallen nicht weiter, aber die Preise steigen ungebremst. Erwartet wird sogar, dass ab dem kommenden Jahr die langfristigen Zinsen und damit die Hypothekenzinsen allmählich steigen. „Auch wenn das Platzen einer Blase kaum zu prognostizieren ist: Es gibt Anzeichen, die auf mittlere Sicht zur Vorsicht mahnen“, heißt es in der Analyse der Commerzbank.

Gibt es entlastende Faktoren?

Ja. Es wird darauf verwiesen, dass sich die Haushalte in Deutschland für den Kauf von Immobilien längst nicht so stark verschulden, wie das in den USA der Fall war. Deshalb sei der deutsche Immobilienmarkt tendenziell nicht so anfällig gegenüber wachsen Zinsen. Außerdem rechnen die Ökonomen der Commerzbank hierzulande nicht mit einem Bauboom. Ein massiver Neubau kann auch zum Platzen einer Immobilienblase beitragen, weil das steigende Angebot die Preise drückt.