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Frauen werden beim Erben oft benachteiligt

Von Angelika Röpcke 11.10.2007, 06:52

Erfurt/München/dpa. - Ein falscher Ehevertrag, eine zerstrittene Erbengemeinschaft oder ein fehlendes Testament: Das Erbrecht birgt zahlreiche Tücken, insbesondere für Frauen, die häufig ihren Mann überleben.

Egal, ob es klare Absprachen und notarielle Verträge zwischen den Partnern gibt, beim Erben tappen viele Frauen in Fallen, was in finanziellem oder familiärem Desaster enden kann.

Klaus Michael Groll, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht aus München, warnt vor familien- und erbrechtlichen Problemen, denen Frauen beim Erben gegenüberstehen. Etwa Dreiviertel aller Familien hätten kein Testament. «Das bedeutet, dass in der Regel Erbengemeinschaften hinterlassen werden, also beispielsweise Frau und Kinder.» Viele glaubten, dass im Normalfall die Frau das gesamte Vermögen erbt. «Das ist ein Irrtum, denn ohne Testament gehört der Nachlass allen zusammen.»

Wenn mehrere Familienmitglieder erben, haben Kinder volles Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht. Beispiel Haus: Geht das Heim nach dem Tod des Mannes an Frau und Kinder über, beantrage in vielen Fällen ein Erbe gerichtlich eine Teilungsversteigerung. Das Haus wird dann versteigert. «Der Erlös wird unter den Erben verteilt», erklärt Michael Wemmer, Fachanwalt für Erbrecht in Erfurt. Als Konsequenz müssten die Bewohner ausziehen.

Rechtsanwalt Wemmer empfiehlt, diese Konflikte durch ein Testament zu vermeiden, in dem die Frau als Alleinerbin eingesetzt wird. Die Kinder haben jedoch ein Recht auf ihren Pflichtteil. Die Frau müsse diesen auszahlen und gegebenenfalls das Haus verkaufen.

Um diese finanziellen Belastungen zu vermeiden, rät der Experte zur testamentarisch verankerten Pflichtteilsstrafklausel. Wörtlich könnte diese lauten: «Wenn ein Kind nach dem Tod des Erststerbenden gegen den Ehegatten den Pflichtteil geltend macht, dann soll das Kind beim Tod des zweiten Ehegatten nicht erben, sondern nur den Pflichtteil bekommen.» Wer diese Strafklausel vermeiden will, kann vor dem Erbfall einen sogenannten Pflichtteilsverzicht notariell vereinbaren. «Dann verzichten die Kinder beim Tod eines Elternteils auf ihren Pflichtteil», so Wemmer.

Während es bei verheirateten Paaren klare gesetzliche Erbregeln gibt, haben Ledige in Deutschland keine Erbansprüche, mahnt Jan Bittler von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) aus Angelbachtal (Baden-Württemberg). Notarielle Vereinbarungen seien daher unverzichtbar.

Probleme gibt es laut den Experten auch mit Eheverträgen. «Häufig wird den Frauen gleichzeitig ein Unterhaltsverzicht im Falle einer Scheidung untergejubelt», sagt Groll. Auch würden Frauen oft auf den sogenannten Versorgungsausgleich verzichten und verlören so ihre Rentenansprüche. «Wenn Gütertrennung vereinbart wurde, also ein Verzicht auf Zugewinnausgleich, verschlechtert das auch das gesetzliche Erbrecht.» Dann erbe die Frau nicht wie üblich die Hälfte des Nachlasses, sondern oft nur ein Viertel.

Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.: www.dvev.de