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Fragen und Antworten zur Tarifeinheit Fragen und Antworten zur Tarifeinheit: Darum geht es beim Bahnstreik

Von Markus Sievers 05.05.2015, 10:21
Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) streiken vor dem Hauptbahnhof in Frankfurt am Main (Hessen).
Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) streiken vor dem Hauptbahnhof in Frankfurt am Main (Hessen). dpa Lizenz

Worüber streiten die Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL genau?

Es geht um mehr als Geld. Die GDL will das gesamte Zugpersonal vertreten. Dies lehnt jedoch die andere Gewerkschaft, die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ab. Die Bahn will einheitliche Tarifverträge für die jeweiligen Berufsgruppen. Sie möchte die Tarifeinheit wahren.

Was ist damit gemeint?

Ein Beispiel: In einem Krankenhaus arbeiten sowohl Mitglieder der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und des Marburger Bundes. Lange Zeit war klar, dass diese Mitgliedschaft keinen Einfluss auf die Bezahlung haben durfte. Nach dem Prinzip „Ein Betrieb – ein Tarif“ sorgte die Tarifeinheit dafür, dass alle tarifgebundenen Beschäftigten nach demselben Tarif entlohnt wurden. Dies gilt nicht mehr, als das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung änderte und die Tarifeinheit in diesen Fällen aufgab.

Was folgt daraus?

Aus Sicht der Arbeitgeber droht Ungemach. Arbeitnehmer können jederzeit die Gewerkschaft wechseln, je nachdem welcher Tarifvertrag ihnen günstigere Bedingungen bietet. So drohe ein Überbietungswettlauf und permanente Unruhe in den Betrieben. Aber auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will an der Tarifeinheit festhalten, weil er eine Zersplitterung der Tariflandschaft und der Belegschaften fürchtet. Er vertritt den Anspruch, dass die Gewerkschaften solidarisch für alle Arbeitnehmer eintreten sollen und nicht nur für einzelne spezielle Berufsgruppen. Allerdings sieht das  mit Verdi eine wichtige DGB-Gewerkschaft anders.

Warum schreitet die Politik nicht ein?

Erst einmal muss die Tarifautonomie im Grundgesetz wahren. Die schreibt vor, dass der Staat sich aus Tarifverhandlungen heraushalten muss. Allerdings will die schwarz-rote Bundesregierung mit einem Gesetz die Tarifeinheit wieder herstellen, wie sie bis zur Kehrtwende des Bundesarbeitsgerichts durch die Rechtsprechung galt. Demnach könnten die GDL und andere Spartengewerkschaften weiter Tarifverträge abschließen und auch dafür streiken. Geraten sie aber in den Geltungsbereich einer anderen Gewerkschaft hinein, müssen sie sich abstimmen.  Gelingt dies nicht, setzt sich der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern durch. Für die GDL würde es damit schwerer, ihren Geltungsanspruch auf die Zugbegleiter und andere Berufsgruppen bei der Bahn auszudehnen.