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Fragen & Antworten Fragen & Antworten: Was Kunden bei der Pleite von Flexstrom beachten können

Von Jakob Schlandt 12.04.2013, 14:43

berlin/MZ. - Der in Berlin ansässige Stromanbieter Flexstrom hat am Freitag Insolvenz angemeldet. Nach der Pleite von Teldafax vor knapp zwei Jahren ist damit erneut ein großer Stromvertrieb zahlungsunfähig. Die MZ beantwortet die wichtigsten Fragen und erklärt, wie es für Kunden weitergeht.

Welche Kunden sind betroffen?

Flexstrom hat bundesweit mehr als eine halbe Million Kunden und gehört damit zu den größten unabhängigen Stromvertrieben. Das Unternehmen hat auch über Tochtergesellschaften mit Markennamen wie Löwenzahn und Optimalgrün verkauft, deren Kunden ebenfalls von der Insolvenz betroffen sind. Das Gasgeschäft ist bis auf weiteres nicht tangiert.

Warum ist Flexstrom in die Insolvenz gegangen?

Marktbeobachter kritisieren schon lange, dass das Geschäftsmodell nicht dauerhaft tragfähig sei. Das Unternehmen gehörte meist zu den billigsten Anbietern und warb mit hohen Boni um wechselwillige Kunden. Zum Teil wurden auch besonders günstige Vorauskasse-Tarife angeboten, der Vorwurf, es handele sich um ein Schneeballsystem, stand im Raum. Zudem gingen viele Beschwerden über Flexstrom ein, häufig über zurückgehaltene Boni. Am Ende liefen die Kunden davon. Viele verweigerten die Zahlung. Die Rückstände belaufen sich laut Flexstrom auf 100 Millionen Euro. Das Unternehmen sieht die Schuld dafür in der „fehlerhaften und schädigenden Berichterstattung“ in den Medien, die die Probleme thematisiert hatten.

Wie geht es für Flexstroms Kunden weiter?

Zunächst: Keiner muss sich Sorgen machen, dass der Strom abgeschaltet wird. Der Grundversorger, also der örtliche Ex-Monopolist (Stadtwerke oder Regionalversorger) liefert auf jeden Fall weiter Strom, wenn auch im relativ teuren Basis-Tarif. Allerdings ist Flexstrom auch jetzt noch zur Stromlieferung verpflichtet. Erst wenn es die Verträge nicht mehr erfüllen kann, fallen die Kunden in die Grundversorgung. Bereits geleistete Vorabzahlungen und Abschläge, die nicht verbraucht wurden, könnten durch die Insolvenz aber weg sein. Weitere Vorauszahlungen sollten unbedingt vermieden werden. Es kann zudem nicht schaden, sich schnellstmöglich einen neuen Anbieter zu suchen.

Lohnt sich ein Stromanbieterwechsel überhaupt?

Ja. Nach wie vor verlangen die angestammten Versorger im Schnitt deutlich mehr und nutzen die Trägheit ihrer Kunden aus. Ein Wechsel kann mehrere Hundert Euro pro Jahr sparen. Es zahlt sich aber auch schon aus, beim angestammten Lieferanten nach günstigen Tarifen zu schauen. Allerdings rät Holger Krawinkel, Energie-Experte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV) stark davon ab, Vorauszahlungen oder Kautionen zu leisten. Kommt es wie bei Flexstrom, kann das Geld weg sein.

Ist der freie Strommarkt ein Reinfall?

Von der Liberalisierung, die 1998 eingeleitet wurde, versprach man sich mehr Wettbewerb und niedrigere Preise. Bei der Stromerzeugung hat das nicht funktioniert. Es bildete sich ein Oligopol der vier großen Kraftwerksbetreiber. Im Stromvertrieb allerdings – dem Geschäft von Flexstrom – ist dagegen ein harter Wettbewerb entstanden. Die neuen Anbieter, die den etablierten Großversorgern und Stadtwerken Konkurrenz machen, erzielen kaum Gewinne oder verbrennen sogar Geld. Das ist eigentlich gut für die Kunden. Verbraucherschützer Krawinkel fordert aber, dass einige kleinere Lücken in der Regulierung geschlossen werden.