Fluggastrechte-Verordnung Fluggastrechte-Verordnung: Wann bekommt man Schadensersatz für verspätete Flüge?

Eigentlich regelt die EU Fluggastrechte-Verordnung recht genau, unter welchen Umständen Flugverspätungen zu Schadenersatzansprüchen gegen die Fluggesellschaften führen und unter welchen nicht. Dennoch kommt es immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, die wegen unklarer Rechtslage immer wieder auch höchste Gerichte beschäftigen. Am Dienstag hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Klage auf Entschädigungszahlungen wegen eines verpassten Anschlussflugs verhandelt - und ihn, wegen der europarechtlichen Dimension, sogleich an den Europäischen Gerichtshof(EuGH) weiter verwiesen. Die Berliner Zeitung beantwortet die zentralen Fragen.
Worum geht es in dem aktuellen Verfahren?
Geklagt haben zwei Passagiere aus Norddeutschland, die einen Pauschalurlaub auf der Kanareninsel Fuerteventura gebucht hatten. Für die Flugverbindung von und nach Hamburg hatte der Reiseveranstalter einen Zwischenstopp einschließlich Flugzeugwechsel auf dem Flughafen Las Palmas auf Gran Canaria vorgesehen. Doch dazu kam es nicht.
Die Maschine ab Hamburg erreichte Gran Canaria mit 20 Minuten Verspätung, wodurch die Feriengäste den Anschlussflug nach Fuerteventura verpassten. In der Folge erreichten die Urlauber erst mit 14-stündiger Verspätung ihr Ziel und forderten von TUIfly, die den ersten Flug ab Hamburg durchgeführt hatte, jeweils 400 Euro Entschädigung.
Was sagt die Rechtslage?
Grundsätzlich steht Flugpassagieren nach der EU-Verordnung eine Entschädigung zu, sofern der Flug mehr als drei Stunden verspätet ist und dafür keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen. Voraussetzung für einen Entschädigung ist ferner, dass sich der Start- oder Zielflughafen in einem EU-Land beziehungsweise auf Island, in Norwegen und der Schweiz befindet. Zudem muss die Airline ihren Sitz in der EU oder in einem der bereits genannten Länder haben.
Bei Pauschalreisen ist nicht der Reiseveranstalter Ansprechpartner für Entschädigungsansprüche wegen Flugverspätungen, sondern die Fluggesellschaft. All diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben.
Warum ist der Entschädigungsanspruch dann strittig?
Weil der zweite Flug zwischen Gran Canaria und Fuerteventura von einer anderen Airline durchgeführt wurde als der erste. Die Vorinstanzen kamen daher zu der Ansicht, die beklagte Fluggesellschaft habe lediglich die 20-Minuten-Verspätung ab Hamburg zu verantworten, nicht aber das Verpassen des Anschlussflugs durch eine andere Linie. Dem beklagten Unternehmen könne die Gesamtverspätung von 14 Stunden nicht angelastet werden, da es keinen Einfluss auf die Koordination der beiden Flüge durch den Reiseveranstalter gehabt habe. Der BGH dagegen wertete die Rechtslage am Dienstag nicht hinreichend eindeutig, weshalb der Fall dem EuGH zur Klärung überantwortet wurde.
Unter welchen Bedinungen müssen Fluggesellschaften keine Entschädigungszahlung leisten?
Wann haben Passagiere im Normalfall Anspruch auf Leistungen der Fluggesellschaft?
Verspätet sich ein Flug mit einer Strecke bis zu 1500 Kilometern um zwei Stunden oder mehr, so muss die Linie den Wartenden Mahlzeiten und Getränke zur Verfügung stellen. Bei Flugstrecken zwischen 1500 und 3500 Kilometern entsteht dieser Anspruch erst nach drei Stunden Verspätung, bei Langstrecken sind es vier Stunden. Beträgt die Wartezeit mehr als sechs Stunden, ist eine warme Mahlzeit anzubieten, findet der Flug erst am folgenden Tag statt, ist auch die Übernachtung einschließlich Transferfahrten zwischen Flughafen und Hotel von der Airline zu tragen.
In all diesen Fällen muss die Fluggesellschaft jedem Passagier insgesamt zwei kostenfreie Telefonate, Faxe oder E-Mails ermöglichen. Hält eine Fluggesellschaft diese Leistungen nicht vor, können die Kunden Rechnungen für Mahlzeiten, Erfrischungen und Übernachtungen sammeln und einreichen. Dabei ist allerdings die Verhältnismäßigkeit zu wahren: Schlemmen beim Drei-Sterne-Koch und anschließende Unterbringung in der Prinzensuite sind nicht drin.
Ab welcher Dauer gibt es Entschädigungszahlungen?
Landen die Passagiere mindestens drei Stunden später am Zielort als angegeben, haben sie Anspruch auf pauschale Ausgleichzahlungen. Bei Flugstrecken unter 1500 Kilometern sind es 250 Euro, zwischen 1500 und 3500 Kilometern muss die Fluggesellschaft 400 Euro und bei noch weiteren Flügen 600 Euro zahlen.
Ausnahme: Liegt die Verspätung auf einer Langstrecke von mehr als 3500 Kilometern unter vier Stunden, erhalten Kunden nur 300 Euro Entschädigung. Die Höhe des Flugpreises spielt für die Entschädigungszahlung keine Rolle.
Unter welchen Bedingungen müssen Fluggesellschaften keine Entschädigung leisten?
Wenn für die Verspätung außergewöhnliche Umstände verantwortlich sind. Hierzu zählen extreme Wetterlagen, die Starts und Landungen verhindern oder verzögern, Streiks, Schäden durch Vogelflug sowie auch Flugunterbrechungen infolge eines Vulkanausbruchs. Nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull 2010 sprach der Europäische Gerichtshof (EUGH) im Januar 2013 den Passagieren, die mehrere Tage auf Island festgesessen hatten, aber einen Anspruch auf Unterkunft und Verpflegung zu.
Technische Defekte und Störungen zählen grundsätzlich nicht zu außergewöhnlichen Umständen und bewahren Fluggesellschaften daher auch nicht vor Ausgleichszahlungen.
Wie können Passagiere ihre Rechte geltend machen?
Möglichst zeitnah direkt bei der Fluglinie. Sollte das Unternehmen mauern, hilft die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) kostenlos. Gegen eine meist prozentuale Beteiligung an der Entschädigungszahlung setzen Unternehmen wie Airhelp, Fligtright, Refund me und EUflight die Ansprüche von Passagieren durch.