Fleischkonzern Tönnies Fleischkonzern Tönnies: Bei Tönnies geht es um die Wurst

Berlin - Die Menschen in Ostwestfalen gelten als bodenständig und traditionsbewusst. Zudem wird ihnen ein inniges Verhältnis zum Geld nachgesagt. Überregional bekannt ist der Landstrich vor allem für schmackhafte Fleischprodukte. Alles in allem kann man die Familie Tönnies aus Rheda-Wiedenbrück, Eigentümer des gleichnamigen Fleischkonzerns, als archetypische Vertreter des Ostwestfälischen bezeichnen.
Nicht in dieses Bild passt die erbitterte Fehde, die vor mehr als zwei Jahren einen Keil in die Familie getrieben hat und die an diesem Montag vor dem Landgericht Bielefeld einen vorläufigen Höhepunkt findet. Kontrahenten sind Firmenchef Clemens Tönnies und dessen Neffe Robert, Sohn des Firmengründers Bernd Tönnies. Vom Ausgang des Verfahrens hängt es ab, wer von beiden künftig das Sagen in Europas größtem fleischverarbeitendem Konzern.
Konkret geht es um die Forderung des Neffen, eine Schenkung an den Onkel aus dem Jahr 2009 wegen „groben Undanks“ rückgängig zu machen. Seinerzeit hatten Robert und sein Bruder, der ebenfalls auf den Namen Clemens getauft ist, dem Onkel je fünf Prozent Besitzanteile am Tönnies-Konzern überschrieben. Die beiden Neffen hielten fürderhin jeweils nicht mehr 30, sondern nur noch 25 Prozent am Unternehmen, während des Onkels 40-Prozent-Anteil durch die Schenkung auf 50 Prozent aufgestockt wurde.
Sollte das Gericht zugunsten Roberts entscheiden, müsste Clemens Senior fünf Prozent der Firmenanteile an Robert zurückgeben. Die Macht des bisher unumstrittenen Firmenchefs wäre dahin. Das Zepter führte künftig Neffe Robert, der dann über 55 Prozent der Unternehmensanteile verfügte.
Ein rasch wachsendes Unternehmen
Der Ursprung des Konflikts reicht in Zeiten zurück, als noch Eintracht im Tönnies-Clans herrschte. Firmengründer Bernd Tönnies hatte in den 70er Jahren seinen Bruder Clemens ins Boot geholt und mit 40 Prozent an dem rasch wachsenden Schlachterei-Unternehmen beteiligt. Das Verhältnis der beiden war innig. Als Bernd Tönnies 1994 mit 42 Jahren nach einer Nierentransplantation starb, erbten seine minderjährigen Söhne Clemens und Robert je 30 Prozent des Unternehmens. Clemens der Ältere übernahm die Leitung der Firma und baute sie rasch aus. Während die Neffen das Gedeihen ihres Erbes mit Wohlwollen verfolgten, vereinfachte Onkel Clemens die Führung der Familiengeschäfte, indem er sich 2002 ein doppeltes Stimmrecht vertraglich zusicherte, angeblich im Einverständnis aller Beteiligten. Um seine Position weiter zu befestigen, erinnerte Onkel Clemens die Neffen daran, dass ihr Vater auf dem Sterbebett den Wunsch geäußert habe, sein Bruder Clemens möge hälftig am Unternehmen beteiligt werden, weshalb eine Überlassung von je fünf Prozent der Anteile im Sinne des Verblichenen sei. Robert und Clemens Junior kamen diesem Wunsch nach und schenkten dem Onkel die gewünschten Anteile. Bald darauf überließ der – wie schon der Vater– schwer nierenkranke Clemens junior seinem Bruder Robert alle Anteile, woraufhin dieser wie Clemens Senior über 50 Prozent verfügte.
Seit 2012 fliegen im Tönnies-Clan die Fetzen. Im Sommer gewann Robert ein erstes Verfahren, in dem er erfolgreich das doppelte Stimmrecht des Onkels anfocht. Nun geht es um besagten Fünf-Prozent-Anteil, den Robert zurückfordert. Den „groben Undank“, mit dem juristisch eine Schenkung rückgängig gemacht werden kann, begründet der Neffe damit, der Onkel habe eine Art Schattenreich außerhalb des Tönnies-Konzerns errichtet, indem er Schlachthöfe in Russland und den Konkurrenten Zur Mühlen (Redlefsen, Böklunder) übernahm.
Clemens Tönnies bestreitet die Vorwürfe
Clemens Tönnies bestreitet den Vorwurf. Robert seien die Übernahmepläne sowie das Russland-Engagement des Onkels lange bekannt gewesen. Zudem habe der langjährige Steuerberater der Familie Tönnies, Josef Schnusenberg, im Namen der Neffen die Zustimmung erteilt. Ob das Gericht Schnusenbergs Aussage großes Gewicht beimisst, ist indessen fraglich. Schließlich gilt der 73-Jährige seit vielen Jahren als Intimus des Firmenchefs. Beide verbindet die Liebe zum Bundesligisten Schalke 04: Schnusenberg war von 2007 bis 2010 Vorstandsvorsitzender, während Clemens Tönnies seit 2001 dem Aufsichtsrat des Vereins vorsteht. Mittlerweile hat Robert Tönnies auch Schnusenberg verklagt, weil dieser das Testament des Firmengründers einseitig zugunsten des Onkels Clemens vollstreckt habe.
